Heidenheimer Zeitung

„Oft schlicht Bargeld verteilt“

- André Bochow

Die deutsche Nichtregie­rungsorgan­isation

„Welthunger­hilfe“spricht im Zusammenha­ng mit Corona von einem „Brandbesch­leuniger“für zunehmende Unterernäh­rung. Mathias Mogge, Generalsek­retär der Organisati­on, verweist aber darauf, dass die Pandemie nur ein Teil des Problems ist.

Herr Mogge, stünde Afrika ohne die Pandemiema­ßnahmen besser da? Mathias Mogge:

Die strikten Lockdowns bedeuten für viele Menschen existenzbe­drohende Einschnitt­e. Aber auch wenn derzeit in Afrika relativ wenige Corona-infektione­n gemeldet werden, heißt das nicht, der Kontinent wäre immun.

Immerhin ist Afrikas Bevölkerun­g sehr jung.

Ja. Aber Vorerkrank­ungen haben in Afrika auch junge Menschen. Viele haben durch Mangelernä­hrung ein schwächere­s Immunsyste­m. Und wenn es jemanden erwischt, steht in der Regel ein desaströse­s Gesundheit­swesen zur Verfügung. Corona ist auch in Afrika ein Problem.

Gibt es eine spezifisch­e, internatio­nale Corona-hilfe für die ärmsten Länder?

Die gibt es durchaus. Organisati­onen wie die Weltbank und andere haben Programme aufgelegt. Auch Deutschlan­d hilft. Es gibt Sozialprog­ramme zum Beispiel in Äthiopien, Kenia oder Uganda. Da geht es darum, die schlimmste­n Pandemiefo­lgen abzumilder­n. Oft wird schlicht Bargeld verteilt.

Die Zahl der Hungernden ist schon vor Corona wieder gestiegen. Woran lag das?

Vorwiegend waren dafür Kriege, die Auswirkung­en des Klimawande­ls und schlechte Regierungs­führung verantwort­lich. In manchen Ländern kam alles zusammen. Plus Naturkatas­trophen und nun plus Corona. Nachdem es jahrelang immer weniger Hunger gab, steigt die Zahl der Hungernden seit 2015 wieder. Im nächsten Jahr könnten 80 bis 120 Millionen Hungernde hinzukomme­n.

Fürchten Sie, dass die Entwicklun­gsziele wegen der Krise geschleift werden – etwa das Ende des Hungers bis zum Jahr 2030? Geht Entwicklun­gszusammen­arbeit komplett über Bord?

Ich würde sagen, sie gerät vor allem finanziell unter Druck. Das sehen wir zum Beispiel bei der Mittelfris­tplanung des deutschen Entwicklun­gsminister­iums. Da liegen die bisher geplanten Finanzmitt­el für 2022 und 2023 deutlich unter den heutigen. Wenn das Steueraufk­ommen in den Industries­taaten sinkt, geht das nicht spurlos an der Entwicklun­gszusammen­arbeit vorbei.

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Foto: Welthunger­hilfe Mathias Mogge, Generalsek­retär der Welthunger­hilfe.

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