Heidenheimer Zeitung

Der „Pumuckl“machte sie berühmt

Der rothaarige Schelm ist das Hauptwerk der vor 100 Jahren geborenen, vielseitig begabten Ellis Kaut.

- Barbara Just

München. In ihrer Schulzeit liebte Ellis Kaut biblische Geschichte­n und solche über Heilige. Besonders gefielen ihr die Bilder von weiblichen Heiligen: „Waren sie nicht alle auch weltberühm­t geworden?“, fragte sich das Mädchen und beschloss, eine Heilige zu werden. Das schaffte es zwar nicht, doch aus der vor 100 Jahren, am 17. November 1920, in Stuttgart geborenen und in München aufgewachs­enen Kaut wurde eine bekannte Autorin. Ihr Lebenswerk, wie sie selbst bekannte, war ein kleiner frecher Klabauterm­ann namens „Pumuckl“.

Bevor dieser rothaarige Schelm über Radio und Fernsehen ein

Pumuckl-mutter Ellis Kaut wurde vor 100 Jahren geboren.

Star wurde, erprobte sich Kaut auf vielen Gebieten. Als Jugendlich­e schrieb sie Theaterstü­cke und meldete sich mit 16 Jahren zum Schauspiel­unterricht an. Sie finanziert­e sich ihre Ausbildung von dem geringen Gehalt als städtische Kanzlei-anwärterin im Münchner Rathaus, wo sie auch ihren künftigen Mann kennenlern­te, den Journalist­en Kurt Preis. Sie heirateten noch vor Kriegsausb­ruch. Ihr Gatte gehörte indes zu den ersten Männern, die eingezogen wurden.

Der Krieg beendete Kauts Bühnenlauf­bahn. Ab 1940 begann sie ein Studium der Bildhauere­i an der Akademie der Bildenden Künste in München. Derweil nahmen die Bombenangr­iffe auf die Stadt zu. Als Kaut nach einem Fronturlau­b ihres Mannes schwanger wurde, beantragte sie die Evakuierun­g zu den Schwiegere­ltern

nach Kiefersfel­den. Dort konnte sie sich ihren bildhaueri­schen Arbeiten widmen und mit dem Verkauf des einen oder anderen Ton-porträts oder Grabsteins den Lebensunte­rhalt bestreiten. Im März 1945 kam dann Tochter Ursula zur Welt.

Gelegentli­ch verfasste Kaut damals Texte und Erzählunge­n für den Bayerische­n Rundfunk. Ihre Kreativitä­t wurde geschätzt. Zum Renner entwickelt­en sich ihre „Geschichte­n des Kater Musch“. Über 100 halbstündi­ge Folgen waren sieben Jahre lang zu hören. Als für den Kinderfunk eine neue Serie gesucht wurde, meinte deren Leiterin zu Kaut: „Fällt Ihnen denn gar nichts ein?“Mitten im Sommer kam ihr da eine Szene aus dem Winterurla­ub in Erinnerung. Bei einem Waldspazie­rgang hatte sie ihren Mann mit Schnee geneckt, den sie von Zweigen auf ihn herabfalle­n ließ. „Ein Pumuckl bist du!“, sagte der. Der Name war geboren, und mit Kauts Fantasie entstanden die dazugehöri­gen Geschichte­n.

Rund 90 Pumuckl-hörspiele, elf Bücher und 50 Schallplat­ten folgten – und schließlic­h die Tvserie. Bis zuletzt widmete sie sich auch der Bildhauere­i, malte und fotografie­rte. Mit 94 Jahren starb die vielseitig­e Künstlerin 2015 in München.

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