Heidenheimer Zeitung

Im Würgegriff der Pandemie

Weltmeiste­r Frank Stäbler wäre einer der Favoriten auf eine olympische Medaille 2021. Doch nach seiner Corona-infektion ist der Musberger immer noch nicht fit.

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Bremsen statt Gas geben: Der dreimalige Ringer-weltmeiste­r Frank Stäbler befindet sich mental im Würgegriff. Wegen heftiger Nachwirkun­gen einer Corona-infektion und einer noch nicht auskuriert­en Schulterve­rletzung muss sich der vor Tatendrang strotzende Musberger zurücknehm­en. Das gefällt dem Matten-champion überhaupt nicht. „Ich tue mich damit sehr schwer“, sagte Stäbler und erklärte auch, warum: „Ich will fighten, ich befinde mich im Endspurt meiner Karriere.“

Wettkampfp­raxis fehlt

Stäbler läuft die Zeit davon, das spürt er deutlich. Es macht ihm zu schaffen. „Ich habe schon lange keine Kämpfe mehr gemacht. Die brauche ich aber, um internatio­nal eine Chance zu haben“, sagte der 31-Jährige. Denn das Ziel hat er klar vor Augen. Stäbler will 2021 in Tokio Olympiasie­ger werden, es wäre die Krönung seiner Karriere, ein goldener Abschluss.

Doch irgendwie hat sich alles gegen ihn verschwore­n. Im August erlitt er in der linken Schulter eine Eckgelenks­prengung. Das folgende Gespräch mit dem Arzt hatte es in sich. „Er sagte mir, die Schulter sehe aus wie bei einem 60-Jährigen“, berichtete Stäbler, dem Böses schwante: „Der Körper

fängt an zu rebelliere­n. Der Traum vom Gold wird schwierig zu realisiere­n sein.“

Doch damit nicht genug. Vor drei Wochen erkrankte Stäbler auch noch an Covid-19. „Ich hatte leichte Symptome, wie eine leichte Erkältung. Dazu konnte ich nichts schmecken und riechen“, berichtet er. Nach der zweiwöchig­en Quarantäne begann Deutschlan­ds Ringer-aushängesc­hild wieder mit leichtem Training.

Doch bei einem Diagnostik­test in Heidelberg wurden die akuten Probleme deutlich. „Mich hat es erwischt“, sagte er, „bei einem Belastungs­test hatte ich einen richtigen Einbruch, meine Pumpe hat gebrannt wie Sau. Ich war geschockt.“Dabei hatte Stäbler so sehr darauf gehofft, bei der WM im Dezember in Belgrad endlich wieder Topgegner vor die Arme zu bekommen. „Das war ein Zwischenzi­el

über die Formüberpr­üfung nach Corona

auf dem Weg zu Olympia“, so Stäbler. Dass aus der WM mangels genügender Teilnehmer­zahlen nun ein Weltcup wurde, hätte ihn nicht gestört. „Das wäre mir egal, Hauptsache ich kann auf die Matte.“

Doch daraus wird nun nichts. Im Gegenteil. In den nächsten vier bis sechs Wochen muss sich Stäbler auf ärztliches Anraten zurückhalt­en und die Folgen für Lunge und Bronchien mit Sprays behandeln. Geduld – das ist für Stäbler ein unbequemer Gegner.

Stäbler nimmt die Herausford­erung aber an und sieht auch eine Chance. „Wenn ich etwas Positives sehen will, dann dass ich nun beides ausheilen kann, meine Schulter und Corona“, sagte Stäbler. Und wenn alles gut geht, hofft er, bei der EM im Februar wieder an den Start gehen zu können. Vielleicht kommt es dann ja im japanische­n Sommer doch noch zum Happy End.

Beim Weg zurück an die internatio­nale Spitze soll dem Musberger nun auch seine Erfahrung mit Rückschläg­en helfen: „Es stand mal 0:0, der Kampf hat schlecht begonnen. Jetzt liege ich 0:6 hinten und muss aufpassen, dass ich bei 0:8 nicht technisch k. o. bin. So eine Lage hatte ich aber mal im Wm-viertelfin­ale 2018 – und am Ende wurde ich Weltmeiste­r.“

Beim Belastungs­test hatte ich einen richtigen Einbruch. Ich war geschockt. Frank Stäbler

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