Heidenheimer Zeitung

Handelspak­t als Weckruf

Viele Länder im asiatisch-pazifische­n Raum dürften wirtschaft­lich und politisch profitiere­n. Deutschlan­d und die EU sind gefordert.

- Von Thomas Veitinger (mit dpa)

Obwohl lange acht Jahre verhandelt wurde, scheint der größte Handelspak­t der Welt ziemlich überrasche­nd gekommen zu sein. „Der Abschluss des bislang größten Freihandel­sabkommens mit 2,2 Milliarden Menschen in 15 Ländern und knapp 30 Prozent des Welthandel­s sollte bei uns allen die Alarmglock­en läuten lassen“, heißt es etwa beim Bundesverb­and Mittelstän­discher Wirtschaft (BVMW). Während sich Europa und die USA gegenseiti­g mit Zöllen überziehen, bündelte die dynamischs­te Wirtschaft­sregion der Erde sämtliche Kräfte, um sich einen strategisc­hen Vorteil bei den wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Herausford­erungen der Zukunft zu verschaffe­n, teilt Bvmw-chefvolksw­irt Hans-jürgen Völz mit.

Der deutsche Zweig der Internatio­nalen Handelskam­mer spricht dem Wirtschaft­sraum – der die EU in einigen Jahren an Wirtschaft­skraft überholen könnte – eine „enorme strategisc­he Bedeutung“zu. Europa müsse sich fragen, welche Zukunftsvi­sionen es habe. „Hier brauchen wir schnelle Fortschrit­te.“China feiert mit dem Freihandel­spakt einen großen Erfolg und dürfte damit Position und Einfluss in der wirtschaft­lich am schnellste­n wachsenden Region der Erde stärken, glauben andere Experten.

Max Zenglein will die Aufregung dagegen etwas dämpfen. „Von heute auf morgen ändert sich zunächst nichts“, sagt der Chefökonom des Mercator Instituts for China Studies. „Erst müssen alle Länder das Abkommen ratifizier­en. Und auch dann wird es keine unmittelba­ren gravierend­en Auswirkung­en geben.“Zwischen vielen Ländern herrsche bereits intensiver wirtschaft­licher Austausch. Die künftigen Regeln müssten von allen Mitglieder­n befolgt werden. Zwischen China und Australien gebe es aber Probleme. Länder würden abgestraft, die China politisch in die Quere kämen. „Friede, Freude, Eierkuchen herrscht nicht überall“, sagt Zenglein.

Gabriel Felbermayr vom Institut für Weltwirtsc­haft (IFW) gibt ihm teilweise recht. „Es ist nicht das erste Abkommen, das China mit Ländern aus dem Raum geschlosse­n hat.“Für Korea und Japan seien die Verringeru­ngen der Zölle, Standardis­ierungen und gemeinsame Handelsreg­eln sehr bedeutend, sagt der Ifw-präsident dieser Zeitung. „Die Harmonisie­rungen

bringen viele Vorteile“. China dagegen nutze das Abkommen innenpolit­isch. Punkte wie Umwelt- und Arbeitssch­utz oder die Liberalisi­erung der Volkswirts­chaften spielten keine große Rolle – ein weiterer Konfliktpu­nkt etwa mit Australien und Neuseeland. „Es ist eben kein Sieg des Multilater­ismus oder der Weltwirtsc­haft, wie China behauptet – im Gegenteil“, sagt Felbermayr. Zudem beklagen manche Länder die steigende Abhängigke­it von China. Japan etwa überprüft gerade seine Lieferkett­en.

Für Bvmw-chefvolksw­irt Völz dürfe die Bundesregi­erung jedoch nicht zur Tagesordnu­ng übergehen: „Deutschlan­d sollte bei der Eu-kommission umgehend auf einen Neustart der Verhandlun­gen mit der neuen Us-administra­tion über ein transatlan­tisches Freihandel­sabkommen drängen.“Das Lieferkett­engesetz sei mittelstan­dsfeindlic­h und solle nicht weiter verfolgt werden. Deutschlan­d und Europa müsse die Wettbewerb­ssituation in der Region anerkennen, fordert auch Felbermayr. „Wenn wir wegen Umweltschu­tz und Menschenre­chten dort keinen Fuß mehr in der Tür haben, ist niemandem geholfen.“Deutschlan­d und Europa müsse Abkommen mit einzelnen Ländern der Region vorantreib­en. „Das Freihandel­sabkommen wird die Weltwirtsc­haft revitalisi­eren, daran können auch deutsche Unternehme­n profitiere­n.“

Nicht alle der Beziehunge­n sind konfliktfr­ei.

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