Handelspakt als Weckruf
Viele Länder im asiatisch-pazifischen Raum dürften wirtschaftlich und politisch profitieren. Deutschland und die EU sind gefordert.
Obwohl lange acht Jahre verhandelt wurde, scheint der größte Handelspakt der Welt ziemlich überraschend gekommen zu sein. „Der Abschluss des bislang größten Freihandelsabkommens mit 2,2 Milliarden Menschen in 15 Ländern und knapp 30 Prozent des Welthandels sollte bei uns allen die Alarmglocken läuten lassen“, heißt es etwa beim Bundesverband Mittelständischer Wirtschaft (BVMW). Während sich Europa und die USA gegenseitig mit Zöllen überziehen, bündelte die dynamischste Wirtschaftsregion der Erde sämtliche Kräfte, um sich einen strategischen Vorteil bei den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft zu verschaffen, teilt Bvmw-chefvolkswirt Hans-jürgen Völz mit.
Der deutsche Zweig der Internationalen Handelskammer spricht dem Wirtschaftsraum – der die EU in einigen Jahren an Wirtschaftskraft überholen könnte – eine „enorme strategische Bedeutung“zu. Europa müsse sich fragen, welche Zukunftsvisionen es habe. „Hier brauchen wir schnelle Fortschritte.“China feiert mit dem Freihandelspakt einen großen Erfolg und dürfte damit Position und Einfluss in der wirtschaftlich am schnellsten wachsenden Region der Erde stärken, glauben andere Experten.
Max Zenglein will die Aufregung dagegen etwas dämpfen. „Von heute auf morgen ändert sich zunächst nichts“, sagt der Chefökonom des Mercator Instituts for China Studies. „Erst müssen alle Länder das Abkommen ratifizieren. Und auch dann wird es keine unmittelbaren gravierenden Auswirkungen geben.“Zwischen vielen Ländern herrsche bereits intensiver wirtschaftlicher Austausch. Die künftigen Regeln müssten von allen Mitgliedern befolgt werden. Zwischen China und Australien gebe es aber Probleme. Länder würden abgestraft, die China politisch in die Quere kämen. „Friede, Freude, Eierkuchen herrscht nicht überall“, sagt Zenglein.
Gabriel Felbermayr vom Institut für Weltwirtschaft (IFW) gibt ihm teilweise recht. „Es ist nicht das erste Abkommen, das China mit Ländern aus dem Raum geschlossen hat.“Für Korea und Japan seien die Verringerungen der Zölle, Standardisierungen und gemeinsame Handelsregeln sehr bedeutend, sagt der Ifw-präsident dieser Zeitung. „Die Harmonisierungen
bringen viele Vorteile“. China dagegen nutze das Abkommen innenpolitisch. Punkte wie Umwelt- und Arbeitsschutz oder die Liberalisierung der Volkswirtschaften spielten keine große Rolle – ein weiterer Konfliktpunkt etwa mit Australien und Neuseeland. „Es ist eben kein Sieg des Multilaterismus oder der Weltwirtschaft, wie China behauptet – im Gegenteil“, sagt Felbermayr. Zudem beklagen manche Länder die steigende Abhängigkeit von China. Japan etwa überprüft gerade seine Lieferketten.
Für Bvmw-chefvolkswirt Völz dürfe die Bundesregierung jedoch nicht zur Tagesordnung übergehen: „Deutschland sollte bei der Eu-kommission umgehend auf einen Neustart der Verhandlungen mit der neuen Us-administration über ein transatlantisches Freihandelsabkommen drängen.“Das Lieferkettengesetz sei mittelstandsfeindlich und solle nicht weiter verfolgt werden. Deutschland und Europa müsse die Wettbewerbssituation in der Region anerkennen, fordert auch Felbermayr. „Wenn wir wegen Umweltschutz und Menschenrechten dort keinen Fuß mehr in der Tür haben, ist niemandem geholfen.“Deutschland und Europa müsse Abkommen mit einzelnen Ländern der Region vorantreiben. „Das Freihandelsabkommen wird die Weltwirtschaft revitalisieren, daran können auch deutsche Unternehmen profitieren.“
Nicht alle der Beziehungen sind konfliktfrei.