Heidenheimer Zeitung

Bundestag verabschie­det Corona-gesetz

Neue Regeln zum Infektions­schutz können in Kraft treten. Polizei löst Proteste nach Verstößen gegen Maskenpfli­cht mit Wasserwerf­ern auf.

- Hajo Zenker

Bundestag und Bundesrat haben den Weg für die von der großen Koalition geplanten Änderungen im Infektions­schutzgese­tz freigemach­t. Im Bundestag stimmten am Mittwoch 413 Abgeordnet­e für die Reform, um die Corona-maßnahmen künftig auf eine genauere rechtliche Grundlage zu stellen. 235 stimmten dagegen, 8 enthielten sich bei der namentlich­en Abstimmung. Anschließe­nd gab es in einer Sondersitz­ung des Bundesrate­s auch von der Mehrheit der Bundesländ­er die Zustimmung

zum sogenannte­n dritten Bevölkerun­gsschutzge­setz.

Nach der Unterzeich­nung durch Bundespräs­ident Frank-walter Steinmeier und Veröffentl­ichung im Bundesgese­tzblatt kann es in Kraft treten.

Bei Protesten mehrerer tausend Teilnehmer gegen die Gesetzesän­derung und die staatliche Corona-politik in der Nähe des Bundestage­s kam es parallel zur Debatte zu Auseinande­rsetzungen mit der Polizei und zum Einsatz von Wasserwerf­ern. Die Polizei sprach von mehr als 100 Festnahmen.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn verteidigt­e in der Debatte die Corona-beschränku­ngen und warb um weiteres Vertrauen in das Krisenmana­gement. Die Spd-gesundheit­spolitiker­in Bärbel Bas wies Befürchtun­gen zurück, dass mit der Reform des Infektions­schutzgese­tzes Befugnisse für Bundes- und Landesregi­erungen ausgeweite­t würden. „Genau das Gegenteil ist der Fall“, sagte sie. Zum Auftakt der Debatte hatte die AFD versucht, das Thema von der Tagesordnu­ng zu nehmen, scheiterte damit aber am Widerstand der anderen Fraktionen.

Bei der Impfstoff-suche gibt es weitere Fortschrit­te: Nach Abschluss der letzten Erprobungs­phase ihres Corona-impfstoffe­s legten der Mainzer Hersteller Biontech und der Us-konzern Pfizer erneut vielverspr­echende Daten vor. Demnach liegt die Wirksamkei­t ihres Mittels bei 95 Prozent. Der Impfstoff funktionie­re über alle Altersgrup­pen hinweg ähnlich gut.

Berlin. Die Wogen schlugen bei den Parlamenta­riern im Bundestag und ganz in der Nähe des Bundestage­s bei den Demonstran­ten hoch. Doch was wurde am Mittwoch da eigentlich an Änderungen am seit dem Jahr 2001 existieren­den Infektions­schutzgese­tz beschlosse­n?

Aufzählung der Maßnahmen

Im Gegensatz zu vorher werden nun im neuen Paragraphe­n 28a penibel Schutzmaßn­ahmen gegen Corona aufgeliste­t, die aus der Praxis der vergangene­n Wochen längst bekannt sind: etwa Ausgangs- oder Kontaktbes­chränkunge­n, Abstandsge­bot, Mund-nasen-bedeckung, das Verbot von Kultur- und Sportveran­staltungen, Beherbergu­ngsverbote, Beschränku­ngen für den Einzel- und Großhandel oder auch Alkoholver­kaufsverbo­te. Allerdings lässt die vorangeste­llte Formulieru­ng, notwendige Maßnahmen könnten „insbesonde­re“die aufgeführt­en 17 Punkte sein, eine Hintertür für weitere Verbote. Bisher war im Gesetz nur allgemein von „notwendige­n Schutzmaßn­ahmen“die Rede gewesen, die die zuständige Behörde treffen könne. Zudem steht nun im Gesetz, dass einzelne Personen oder Gruppen nicht vollständi­g isoliert werden dürfen.

Regeln für Ausrufen der Notlage

Klarer ist nun auch, was mit einer „epidemisch­e Lage von nationaler Tragweite“gemeint ist, die die Maßnahmen überhaupt erst ermöglicht: Entweder ruft die Weltgesund­heitsorgan­isation eine internatio­nale Notlage aus oder es breitet sich in Deutschlan­d eine bedrohlich­e Lage über mehrere Länder aus.

Bund und Länder

Die Landesregi­erungen sollen weiterhin durch Rechtsvero­rdnungen entspreche­nde Maßnahmen der Pandemiebe­kämpfung erlassen. Allerdings besteht in den Groko-fraktionen die Hoffnung, dass die konkrete Auflistung im Gesetz zu einer Vereinheit­lichung führt – und zu gerichtsfe­sten Maßnahmen. Vorgeschri­eben wird nun auch, dass diese Rechtsvero­rdnungen zeitlich zu befristen sind. Ihre Geltungsda­uer soll grundsätzl­ich vier Wochen betragen. Sie kann aber verlängert werden. Außerdem müssen die Verordnung­en mit einer Begründung versehen werden.

Impfen

Eine Impfpflich­t gibt es nicht, und eine Testpflich­t für alle enthält das Gesetz ebenfalls nicht. Wer allerdings aus einem Risikogebi­et einreist, muss eine Untersuchu­ng auf eine Corona-infektion „dulden“. Bus, Bahn und Fluggesell­schaften sind verpflicht­et, Reisende aus Risikogebi­eten im Ausland, die keinen negativen Test oder keine Nachweise für eine Impfung vorweisen können, nicht zu befördern.

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Foto: Odd Andersen/afp Teilnehmer einer Großdemo gegen die Corona-auflagen versammeln sich vor dem Brandenbur­ger Tor in Berlin.

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