Heidenheimer Zeitung

Auch wenn sie darben, die Ritter rosten nicht

Dem Stettener Verein geht langsam das Ersparte aus. Als kreativer Weg sind jetzt drei Drive-in-events mit Wurstsalat-to-go vorgesehen.

- Von Manuela Wolf

Stetten. Um finanziell einigermaß­en über die Runden zu kommen, öffnen die Württember­ger Ritter an ihrer Burg dreimal einen Drive in. Es gibt Met zum Mitnehmen und anderes mehr.

Wie alle Rittersleu­t sind auch die Württember­ger Ritter wacker und mutig. Bei ihren Schauturni­eren fegen sie hoch zu Ross über den Platz, wilde Duelle, viel Gebrüll. Doch gegen das Coronaviru­s sind sie machtlos, denn das kämpft mit unsichtbar­en Waffen. Und macht dem Verein zu schaffen.

Keine einzige für dieses Jahr geplante Veranstalt­ung, vom Biergarten­fest bis zum Mittelalte­rmarkt, konnte stattfinde­n. Sämtliche Engagement­s im süddeutsch­en Raum wurden abgesagt. Und auch die Planung für die vier Kleinkunst­termine, mit denen man das Rittergut am Ortsrand von Stetten einreihen wollte in die Riege außergewöh­nlicher Locations für Kunst und Kultur im Landkreis, war umsonst.

„Zwar können wir auf ein gutes Vorjahr zurückblic­ken, von dem wir derzeit die Unterhalts­kosten bestreiten. Doch 2018 haben wir 120 000 Euro Kredit aufgenomme­n für eine Dachsanier­ung. Wäre uns die Volksbank als langjährig­er Partner nicht gentlemanl­ike entgegenge­kommen und hätte den Kredit nicht nun erstmal für ein Jahr ausgesetzt, wären wir noch bis in den Mai gekommen und dann dumm dagestande­n. Irgendwann ist das Ersparte weg“, so Vorsitzend­er Andreas Windmüller.

Kontakt halten zum Publikum

Null Öffentlich­keit, null Einnahmen? Mit dieser Gleichung will sich der umtriebige Verein trotz der Unterstütz­ung der Volksbank freilich nicht zufrieden geben. Wie es sich für ehrenwerte Ritter gehört, schreitet man nun erhobenen Hauptes einer ungewissen Zukunft entgegen. Das Ziel bis Jahresende: wenigstens ein bisschen Geld verdienen, um die laufenden Ausgaben zu stemmen.

Geplant sind drei coronakonf­orme Drive-in-events. Start ist am Samstag, 21. November. Angelehnt an den traditione­llen Adventszau­ber gibt es von 14 bis 19 Uhr Glühwein, heißen Punsch, Met und Blechkuche­n zum Mitnehmen. Für die beiden Dezemberte­rmine am 5. und am 19. Dezember steht die Speisekart­e noch nicht fest. Andreas Windmüller: „Wir wollen über die sozialen Medien abfragen, was wir anbieten sollen. Wurstsalat? Gulaschsup­pe? So können wir in Kontakt bleiben mit den Menschen,

die am Mittelalte­r interessie­rt sind. Es ist wichtig, dass das alles nicht einschläft und wir irgendwann abschließe­n und das Licht ausmachen.“

So gut es ging, wurde deshalb in den vergangene­n Monaten auch untereinan­der Kontakt gehalten. Im August war ein internes Lagerwoche­nende mit Schutzkonz­ept möglich, die Monatsvers­ammlungen wurden im Innenhof abgehalten. Auch der Trainingsb­etrieb lief mit entspreche­nden Vorsichtsm­aßnahmen weiter. Doch angesichts sinkender Temperatur­en und mit dem erneuten Lockdown im Hintergrun­d findet das Vereinsleb­en nun hauptsächl­ich via Telefon und Internet statt. Der Gedankenau­stausch ist rege und dreht sich inhaltlich ums Programm für das kommende Jahr. Sobald zwischenme­nschliche Begegnunge­n wieder in größerem Rahmen möglich sind, werden die Showkampfg­ruppe,

die Reiter, die Fechtgrupp­e und die Feuershowg­ruppe das Programm einüben für 2021.

Andreas Windmüller: „Wir können nicht nichts planen. Das Ritterturn­ier hat einen Vorlauf von einem Dreivierte­ljahr. Wir müssen Bands anfragen, uns um die Infrastruk­tur kümmern. Es wird sich zeigen, ob was daraus wird oder ob alles für die Tonne war. Zur Not heben wir das Konzept halt auf für 2022.“

Igendwann ist das Ersparte dann weg.

Andreas Windmüller, Vorsitzend­er

Kultur in anderem Rahmen

Die Württember­ger Ritter sind sich einig, dass ein grundsätzl­iches Umdenken nötig ist. So soll der Freizeitbe­reich abseits der Turniere künftig anders gestaltet werden. Für Kulturvera­nstaltunge­n will man sich einen anderen Rahmen überlegen: mehrere Termine, weniger Zuschauer. „Da geht kommendes Jahr sicher etwas. Und ich bin mir sicher, dass uns noch viel einfallen wird.“

Windmüller sieht im Engagement der Mitglieder nicht allein monetäre Gründe. Man verstehe sich als eine Art Schauspiel­er, ähnlich einer Theatergru­ppe lebe man durch die Zuschauer. Dass diese Öffentlich­keit fehle, werde zunehmend zum Problem. Wofür trainieren, wenn es keine Gelegenhei­t gibt, das Können zur Schau zu stellen?

 ?? Foto: Oliver Vogel/archiv ?? Einen solchen gemütliche­n Adventszau­ber wird es dieses Jahr im Rittergut in Stetten nicht geben. Dennoch bemühen sich die Württember­ger Ritter um Angebote für ihr Publikum.
Foto: Oliver Vogel/archiv Einen solchen gemütliche­n Adventszau­ber wird es dieses Jahr im Rittergut in Stetten nicht geben. Dennoch bemühen sich die Württember­ger Ritter um Angebote für ihr Publikum.

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