Auch wenn sie darben, die Ritter rosten nicht
Dem Stettener Verein geht langsam das Ersparte aus. Als kreativer Weg sind jetzt drei Drive-in-events mit Wurstsalat-to-go vorgesehen.
Stetten. Um finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen, öffnen die Württemberger Ritter an ihrer Burg dreimal einen Drive in. Es gibt Met zum Mitnehmen und anderes mehr.
Wie alle Rittersleut sind auch die Württemberger Ritter wacker und mutig. Bei ihren Schauturnieren fegen sie hoch zu Ross über den Platz, wilde Duelle, viel Gebrüll. Doch gegen das Coronavirus sind sie machtlos, denn das kämpft mit unsichtbaren Waffen. Und macht dem Verein zu schaffen.
Keine einzige für dieses Jahr geplante Veranstaltung, vom Biergartenfest bis zum Mittelaltermarkt, konnte stattfinden. Sämtliche Engagements im süddeutschen Raum wurden abgesagt. Und auch die Planung für die vier Kleinkunsttermine, mit denen man das Rittergut am Ortsrand von Stetten einreihen wollte in die Riege außergewöhnlicher Locations für Kunst und Kultur im Landkreis, war umsonst.
„Zwar können wir auf ein gutes Vorjahr zurückblicken, von dem wir derzeit die Unterhaltskosten bestreiten. Doch 2018 haben wir 120 000 Euro Kredit aufgenommen für eine Dachsanierung. Wäre uns die Volksbank als langjähriger Partner nicht gentlemanlike entgegengekommen und hätte den Kredit nicht nun erstmal für ein Jahr ausgesetzt, wären wir noch bis in den Mai gekommen und dann dumm dagestanden. Irgendwann ist das Ersparte weg“, so Vorsitzender Andreas Windmüller.
Kontakt halten zum Publikum
Null Öffentlichkeit, null Einnahmen? Mit dieser Gleichung will sich der umtriebige Verein trotz der Unterstützung der Volksbank freilich nicht zufrieden geben. Wie es sich für ehrenwerte Ritter gehört, schreitet man nun erhobenen Hauptes einer ungewissen Zukunft entgegen. Das Ziel bis Jahresende: wenigstens ein bisschen Geld verdienen, um die laufenden Ausgaben zu stemmen.
Geplant sind drei coronakonforme Drive-in-events. Start ist am Samstag, 21. November. Angelehnt an den traditionellen Adventszauber gibt es von 14 bis 19 Uhr Glühwein, heißen Punsch, Met und Blechkuchen zum Mitnehmen. Für die beiden Dezembertermine am 5. und am 19. Dezember steht die Speisekarte noch nicht fest. Andreas Windmüller: „Wir wollen über die sozialen Medien abfragen, was wir anbieten sollen. Wurstsalat? Gulaschsuppe? So können wir in Kontakt bleiben mit den Menschen,
die am Mittelalter interessiert sind. Es ist wichtig, dass das alles nicht einschläft und wir irgendwann abschließen und das Licht ausmachen.“
So gut es ging, wurde deshalb in den vergangenen Monaten auch untereinander Kontakt gehalten. Im August war ein internes Lagerwochenende mit Schutzkonzept möglich, die Monatsversammlungen wurden im Innenhof abgehalten. Auch der Trainingsbetrieb lief mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen weiter. Doch angesichts sinkender Temperaturen und mit dem erneuten Lockdown im Hintergrund findet das Vereinsleben nun hauptsächlich via Telefon und Internet statt. Der Gedankenaustausch ist rege und dreht sich inhaltlich ums Programm für das kommende Jahr. Sobald zwischenmenschliche Begegnungen wieder in größerem Rahmen möglich sind, werden die Showkampfgruppe,
die Reiter, die Fechtgruppe und die Feuershowgruppe das Programm einüben für 2021.
Andreas Windmüller: „Wir können nicht nichts planen. Das Ritterturnier hat einen Vorlauf von einem Dreivierteljahr. Wir müssen Bands anfragen, uns um die Infrastruktur kümmern. Es wird sich zeigen, ob was daraus wird oder ob alles für die Tonne war. Zur Not heben wir das Konzept halt auf für 2022.“
Igendwann ist das Ersparte dann weg.
Andreas Windmüller, Vorsitzender
Kultur in anderem Rahmen
Die Württemberger Ritter sind sich einig, dass ein grundsätzliches Umdenken nötig ist. So soll der Freizeitbereich abseits der Turniere künftig anders gestaltet werden. Für Kulturveranstaltungen will man sich einen anderen Rahmen überlegen: mehrere Termine, weniger Zuschauer. „Da geht kommendes Jahr sicher etwas. Und ich bin mir sicher, dass uns noch viel einfallen wird.“
Windmüller sieht im Engagement der Mitglieder nicht allein monetäre Gründe. Man verstehe sich als eine Art Schauspieler, ähnlich einer Theatergruppe lebe man durch die Zuschauer. Dass diese Öffentlichkeit fehle, werde zunehmend zum Problem. Wofür trainieren, wenn es keine Gelegenheit gibt, das Können zur Schau zu stellen?