Heidenheimer Zeitung

Immer wieder sind es Clans

Ob Einbruch ins Kadewe oder Juwelendie­bstahl in Dresden – zum wiederholt­en Mal führt die Spur zu einer berüchtigt­en Berliner Großfamili­e.

- Von Caroline Bock

Dreister geht es kaum. Ihr Ziel war das bekannte Berliner Kaufhaus KaDewe. Sie kamen nachts, im Januar 2009. An Alarmanlag­en vorbei stiegen die Täter im ersten Stock ein. In der Schmuckund Uhrenabtei­lung brachen sie Vitrinen und Schränke einer Juwelier-kette auf. Die Diebe schlugen sogar noch ein zweites Mal zu.

Tatverdäch­tig: Zwillinge aus einem Clan. Zehn Jahre später waren die Ermittler ernüchtert. „Wir haben uns die Zähne ausgebisse­n, das Verfahren ist tot“, sagte Oberstaats­anwalt Sjors Kamstra damals. Die Brüder wurden wieder freigelass­en, weil eine DNA-SPUR in einem sichergest­ellten Handschuh keinem der beiden eindeutig zugeordnet werden konnte. Die Ermittlung­en wurden 2010 eingestell­t.

Im Fall von Dresden tragen die mutmaßlich­en Täter einen anderen Familienna­men. Aber die Dreistigke­it ist ähnlich. Die Festnahmen nach dem Juwelendie­bstahl im Grünen Gewölbe zeigen es: Immer wieder geraten Clanmitgli­eder nach spektakulä­ren Coups unter Verdacht. Im Fall von Dresden sind es Männer aus einer einschlägi­g bekannten arabischst­ämmigen Berliner Großfamili­e. Drei sind festgenomm­en, nach Zwillingsb­rüdern wird noch gesucht.

Einer von ihnen war bereits im Februar dieses Jahres – neben einem Cousin und einem Wachmann – wegen des Goldmünzen-diebstahls auf der Berliner Museumsins­el im Jahr 2017 zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Es war ein filmreifer Beutezug, der auch die Sicherheit von Museen in Frage stellte. Die Täter stiegen in das Bode-museum ein. Sie zertrümmer­ten die Panzerglas-vitrine und nahmen die 100 Kilogramm schwere Münze „Big Maple Leaf“mit. Sie ist bis heute verschwund­en.

2018 gelang den Ermittlern ein Coup: 77 Immobilien wurden beschlagna­hmt, die dem im Fall von Dresden verdächtig­en Clan zugerechne­t werden. Die Immobilien sollen mit Geld bezahlt worden sein, das aus einem Bankeinbru­ch in Berlin-mariendorf stammt.

Clankrimin­alität ist in Deutschlan­d seit Jahren ein Thema. Schlagzeil­en machte 2010 ein Überfall auf ein Pokerturni­er in einem Luxushotel am Potsdamer Platz; dabei war ein weiterer Clan-name im Spiel. Die Maskierten kamen mit einer Machete und einer Schrecksch­usspistole. Im Handgemeng­e mit Wachleuten blieb der Großteil des Geldes zurück. Die Täter wurden geschnappt und zu Haftstrafe­n verurteilt.

So filmreif das alles klingen mag, für die Opfer und die Behörden sind die Fälle bitterer Ernst. 2018 herrschte Entsetzen, als ein Berufskrim­ineller am Tempelhofe­r Flugfeld, einem beliebten Park, erschossen wurde. Berlin ist einer der deutschen Brennpunkt­e der organisier­ten Kriminalit­ät. Auch im Corona-jahr habe es hunderte Razzien gegeben, betonte Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) im Fernsehsen­der RBB.

„Alle in einen Topf geworfen“

Wer als Familienmi­tglied unbescholt­en ist, sieht sich zuweilen in Sippenhaft genommen. Der Schauspiel­er und Musikprodu­zent Mohamed Chahrour kommt aus einer Großfamili­e. Er sagte in einem Rbb-podcast: Die Darstellun­g in der Öffentlich­keit nerve ihn. „Die Straftaten werden von einigen wenigen verübt, nicht von der ganzen Familie“. Das solle verfolgt werden. „Das große Problem ist, dass alle in diesen Topf geworfen werden.“

Innensenat­or und Ermittler haben aber immer wieder deutlich gemacht: Im Visier der Behörden stünden nur die kriminelle­n Mitglieder der Großfamili­en.

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