Liebe Bahnhöfe,
Ihr seid einmal DIE zentrale Einrichtung für die Städte gewesen. Ein Symbol für Aufbruch und Weltläufigkeit, für Fortschritt und Zukunft. In vielen Fällen wurdet Ihr als regelrechte Paläste erbaut, mit vielerlei Protz und Prunk.
Doch heute in unseren kühl denkenden Zeiten steht die Funktionalität im Vordergrund, auch wenn bei der Baustelle Stuttgart 21 angesichts der schwindelerregenden Baukosten die Vermutung aufkommen könnte, auch dort gehe es in erster Linie um luxuriöse Verschwendung.
Kommen wir zur Brenzbahn. Die Bahnhöfe dort sind, naja, nicht immer eine Augenweide. Höflich ausgedrückt. Bahnreisende dürfen sie zum Teil auch nur noch von außen betrachten, weil sie entweder verriegelt und verrammelt wie in Herbrechtingen sind, oder wenn sie wie in Giengen für privatwirtschaftliche Zwecke abseits der Belange der Eisenbahn genutzt werden.
Zentrales Gebäude entlang dieser Bahnstrecke ist der Bahnhof in Heidenheim. Protz und Prunk hat ihn noch nie ausgezeichnet, seit das Empfangsgebäude 1864 fertiggestellt wurde. Ein stattliches Bauwerk ist der Bahnhof dennoch. Äußerlich zumindest.
Innen sieht‘s anders aus. Vor allem jetzt im Corona-monat November ist in erster Linie provinzielle Tristesse eingezogen. Züge fahren zwar noch, aber die Kneipe im Anbau hat geschlossen, die Backfiliale ist dicht, und seit wenigen Tagen ist bis auf Weiteres auch der Zeitschriftenladen wieder zu.
Tja, lieber Heidenheimer Bahnhof: Im September 1864 wurde mit Pauken und Trompeten, mit Festzug, Böllerschüssen und geschmücktem Empfangsgebäude der Anschluss ans Bahnnetz gefeiert. Lange her. Derzeit bist Du wahrlich kein Ort, wo man sich gern aufhält. Wenn man nicht mal eine Zeitung kaufen kann. Womit Du dies ja auch gar nicht lesen kannst.