Nager auf der Durchreise
In der Ludwig-lang-straße hat ein Biber einen Baum gefällt. Das ist laut dem Biberbeauftragten sehr ungewöhnlich, denn normalerweise vermeiden die Nager urbanes Umfeld.
Lange Zeit galten Biber als Seltenheit, zu sehr hatte der Mensch die Natur in Beschlag genommen und dem Nagetier durch die Bebauung und die Begradigung von Flüssen seinen angestammten Lebensraum streitig gemacht. Doch vor rund 20 Jahren begannen Biber, von der Donau aus kommend, wieder die Brenz, die Hürbe und die Egau auf dem Härtsfeld zu bevölkern.
Auch wenn die Wildtiere selten tatsächlich gesichtet werden, sind die Spuren, die sie hinterlassen doch umso deutlicher. Selbst wenn sie keine riesigen Dämme bauen, an denen sich die Flüsse aufstauen, so finden sich an Bäumen und kleineren Gehölzen ihre Nagespuren. So wie jüngst in der Ludwig-lang-straße beim Rewe-center. Hier wurde am Brenzufer ein noch junger Baum von einem Biber gefällt, die eindeutigen Spuren lassen keine andere Interpretation zu.
Biber war wohl auf Wanderschaft
Doch wie kommen die eigentlich sehr scheuen Tiere mitten in die Innenstadt? „Das ist schon ungewöhnlich“, erklärt der ehrenamtliche Biber-beauftragte Bernd Engelhart. Er ist für den Bereich südlich des Brenzparks zuständig. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Biber auch am Brenzufer in der Innenstadt ansiedeln, hält er für gering. Vielmehr geht Engelhart davon aus, dass der Biber, der für den gefällten Baum verantwortlich ist, auf der Wanderschaft war: „Bisher war die Stadt Heidenheim eine natürlich Barriere, auch wenn es Biber in Mergelstetten und im Brenzpark gibt.“In den vergangenen Jahren habe man beobachten können, wie sich die Biberreviere flussaufwärts ausbreiten, vor etwa zwei Jahren sind die Tiere bis zum Itzelberger See gelangt. Aber auch am Oberlauf der Brenz bis Königsbronn gebe es noch genügend Besiedlungspotenzial für die Tiere. Sie schätzten langsam fließendes Wasser und Gehölze in Flussnähe.
Reviersuche nach zwei Jahren
Biber leben in Familien mit bis zu drei Generationen, erklärt der Fachmann. Das bedeutet, dass die Jungtiere im zweiten Lebensjahr vertrieben werden und sich auf die Suche nach einem eigenen Revier machen. Dabei könne es schon vorkommen, dass sie sich auch kilometerweit von Gewässern entfernen.
Könnte der Biber, der den Baum an der Ludwig-lang-straße zu Fall gebracht hat, also auch so ein verstoßenes Jungtier sein, das sich ein Revier sucht? „Das wäre durchaus eine Erkärung“, erklärt Engelhart. Es bestünde aber auch die Möglichkeit, dass es sich um einen Revierbiber aus Mergelstetten oder dem Benzpark handelt. Biberreviere strecken sich in der Regel über einen Kilometer, „insofern könnte das schon passen“.
Können die unter Naturschutz stehenden Nager auch zur Gefahr werden, etwa durch angenagte, nicht gesicherte Bäume? „Eher nicht, der Besiedlungsdruck ist hier nicht so hoch. Meist nagen die Tiere an weichen, jungen Gehölzen. Nehme das überhand, ließen sich die Bäume auch schützen, so wie im Brenzpark. „Wenn man die Bäume mit Drahthosen von 1,20 Metern Höhe ummantelt, kommt der Biber nicht mehr ran.“Generell sollten Engelhart zufolge an Flussufern in einem Streifen von rund zehn Metern Breite
Gehölze stehen gelassen werden, so dass der Biber gar nicht erst in Versuchung kommt, größere Bäume zu fällen.
Baum bleibt erstmal liegen
Der Baum in der Ludwiglang-straße jedenfalls wird zunächst mal liegenbleiben. „Zuständig
ist hier das Land, und wenn es Bedenken in Sachen Hochwasserschutz gibt, wird er sicherlich entfernt“, so er städtische Pressesprecher Stephan Knies. Aus städtischer Sicht stelle der Baum erstmal keine Gefahr dar, deshalb bestehe kein Handlungsdruck.
Bisher war die Stadt Heidenheim eine natürlich Barriere, auch wenn es Biber in Mergelstetten und im Brenzpark gibt. Bernd Engelhart
Biber-beauftragter