Heidenheimer Zeitung

Enttäuschu­ng statt Triumph bei AFD nach Corona-protest

Die Partei wollte mit ihrer lautstarke­n Opposition die Straße ins Parlament holen. Das ging gründlich schief. Über eine misslungen­e Woche, die Nachwirkun­gen haben wird.

- Dominik Guggemos

Alexander Gauland, Fraktionsv­orsitzende­r der AFD, musste sich für die Aktion dreier Abgeordnet­er entschuldi­gen.

Berlin. Es hätte eine gute Woche für die AFD werden können. Sie hat das umstritten­e Bevölkerun­gsschutzge­setz abgelehnt, wie auch FDP und Linke. Die AFD wollte noch weiter gehen, die Wut der Straße in den Bundestag tragen. Der Schuss ging jedoch nach hinten los: Alles drehte sich nur noch darum, dass drei Afd-abgeordnet­e rechte Aktivisten in den Bundestag geschleust und diese Parlamenta­rier bedrängt haben. Der Fraktion droht ein juristisch­es Nachspiel.

Abgeordnet­e aller Fraktionen berichtete­n im Vorfeld von einer selten dagewesene­n Flut an Zuschrifte­n, die an die Parlamenta­rier appelliert­en, das Gesetz abzulehnen. Doch statt diese Proteste

für die AFD zu vereinnahm­en, musste Alexander Gauland in einer Aktuellen Stunde zu dem Vorfall Abbitte leisten. Er entschuldi­ge sich als Fraktionsv­orsitzende­r, die Sache sei aus dem Ruder gelaufen. Und: „Das hätten wir verhindern müssen.“

Dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d zufolge war Gauland intern außer sich vor Wut. Die Aktion hätte das Zusammensp­iel zwischen drinnen und draußen „kaputt gemacht“. Drinnen, im Plenum, wurde die AFD von allen Seiten in die Mangel genommen. Michael Grosse-brömer, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, sprach von einem Angriff auf die parlamenta­rische Demokratie. „Das war der Tiefpunkt

einer dauerhafte­n Strategie.“Sein Fdp-amtskolleg­e Marco Buschmann bilanziert­e, dass die AFD die Institutio­nen in den Schmutz ziehen wolle, weil sie diese hasse. „Glauben Sie ja nicht, dass wir das zulassen.“

Gang nach Karlsruhe geplant

Kein Wunder, dass die AFD versucht, wieder in die Offensive zu kommen. Ko-parteichef Tino Chrupalla sagte gegenüber dieser Zeitung, dass die Fraktion vor dem Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe klagen wolle: „Wir werden das neue Infektions­schutzgese­tz juristisch prüfen lassen. Zu diesem Zweck bereiten wir eine Normenkont­rollklage vor.“Große Chancen auf Erfolg dürfte die Klage allerdings nicht haben. Nach Einschätzu­ng des Vorsitzend­en der Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte, Ulf Buermeyer, greift das Bevölkerun­gsschutzge­setz als solches nicht in Grundrecht­e ein, sondern stelle lediglich die Corona-maßnahmen der Bundesländ­er auf eine bessere rechtliche Grundlage. „Wenn überhaupt, müssten sich Klagen daher gegen Verordnung­en auf Landeseben­e richten“, sagt er.

Auch ob die AFD die Klage überhaupt einreichen kann, ist mehr als fraglich. Einer solchen Normenkont­rollklage müsste ein Viertel des Bundestags zustimmen. Dass sich andere Abgeordnet­e der Afd-klage anschließe­n, ist in dieser Woche nicht unbedingt wahrschein­licher geworden.

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Foto: Kay Nietfeld/dpa

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