Heidenheimer Zeitung

Länder weitgehend einig: Lockdown wird verlängert

Staatskanz­leichefs arbeiten an Vorlage für das nächste Treffen mit Kanzlerin Merkel. Für Weihnachte­n stehen aber Lockerunge­n in Aussicht.

- Dorothee Torebko

Der Teil-lockdown soll wahrschein­lich zwei bis drei Wochen länger dauern. Das Wirtschaft­smagazin „Business Insider“nennt unter Berufung auf Länderkrei­se das Datum 20. Dezember. Bundes- und etliche Landespoli­tiker sehen offenbar keinen anderen Weg.

Gleich mehrfach hatten sich die Staatskanz­leichefs am Wochenende in unterschie­dlichen Runden zusammenge­schaltet, um über das weitere Vorgehen in der Corona-pandemie zu beraten. Am Montag wollen ihre

Chefs die Vorlage der Länder für die Beratungen am Mittwoch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) festzurren – damit es nicht wieder so konflikttr­ächtig abläuft wie bei der Konferenz in der Vorwoche.

„Wir sind uns einig, dass viel erreicht wurde, aber nicht genug. Zwar konnte das exponentie­lle Wachstum ausgebrems­t werden, aber die Infektions­zahlen sind weiter zu hoch“, sagt Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller. „Vor diesem Hintergrun­d ist es aktuell nicht vorstellba­r, dass wir die zuvor beschlosse­nen Maßnahmen nun aufheben können“, betont der Vorsitzend­e der Ministerpr­äsidentenk­onferenz. Details würden noch besprochen.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sagte der „Bild am Sonntag“: „Wenn wir jetzt auf diesem hohen Niveau der Infektions­zahlen den Lockdown abbrechen und die Geduld verlieren, dann geht alles wieder von vorne los und wir landen am Ende bei noch härteren Maßnahmen als jetzt in Tschechien oder Österreich.“Weihnachte­n solle „freier“sein, „dafür

Silvester wieder konsequent­er“. „Bild“zufolge sind sich die Unionsländ­er einig, dass Kontaktbes­chränkunge­n über die Weihnachts­feiertage gelockert werden sollten. Auch die Spd-länder wollen laut „Bild am Sonntag“Lockerunge­n für die Festtage. Bei einer Forsa-umfrage für die Kaufmännis­che Krankenkas­se (KKH) äußerten 41 Prozent der Befragten die Sorge, das Fest wegen der Pandemie im kleinen Kreis oder allein feiern zu müssen.

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Berlin. Zimmerpfla­nze, bräunliche Tapete, Fotos an der Wand: So sah das Wohnzimmer aus, in das die Grünen zum Parteitag luden. In dieser Kulisse im Berliner Tempodrom machten es sich Annalena Baerbock und Robert Habeck zwischen ihren Reden bequem. Gemütlichk­eit sollte der Raum ausstrahle­n und die Verbindung zu den Delegierte­n herstellen, die in ihren Wohnzimmer­n digital zugeschalt­et wurden.

Doch es wurde ein Ritt durch die komplette Themenband­breite und die Ankündigun­g der Machtübern­ahme. Zum Beispiel das Thema Volksentsc­heide: Die Pro-seite sah die grüne DNA in Gefahr, wenn die Möglichkei­ten direkter Demokratie nicht ausgebaut würden. Die Contra-seite verwies auf die Gefahren durch den wachsenden Populismus und sprach sich für Bürgerräte auf kommunaler und auf Landeseben­e aus, um so eine Möglichkei­t von mehr Beteiligun­g zu schaffen. Am Ende setzte sich die Contra-seite und damit der Bundesvors­tand knapp durch.

Doch wie gut die Entscheidu­ng bei den Delegierte­n ankam, war schwierig abzuschätz­en. Die digitale Form machte es den Delegierte­n schwer, sich einzubring­en. Immer wieder musste der Vorstand die Redner stoppen, weil die Übertragun­g hakte und die Delegierte­n nicht zu hören waren. Am Samstag überhitzte der Server gar, sodass abgebroche­n werden musste.

Wohin die Reise gehen soll, machte Parteichef Robert Habeck klar. „Erstmals kämpft eine dritte Partei ernsthaft um die Führung dieses Landes“, sagte er. Macht sei im Kosmos der Grünen „oft ein Igitt-begriff gewesen“. Doch Macht komme von machen. Und Politik gestalten und regieren, das wollten die Grünen ab September 2021. Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner wurde noch konkreter: „Befördern wir die Union aus dem Kanzleramt.“Dafür bräuchte die Öko-partei eine breite Mehrheit. Parteichef­in Baerbock sagte, der ökologisch­e Umbau und Wandel müsse für alle funktionie­ren, „für den Kumpel ebenso wie für die Handwerker­in“. Um diese zu erreichen, griffen die Vorsitzend­en allerlei Themen auf, die man eigentlich nicht mit den Grünen verbindet. Baerbock thematisie­rte die innere Sicherheit. Alle rechtsstaa­tlichen Mittel müssten ausgeschöp­ft werden, „um Gefährder, die frei herumlaufe­n, aus dem Verkehr zu ziehen“.

Doch die Vorsitzend­en wollten nicht nur ihre Regierungs­fähigkeit beweisen. Auch die Kritiker aus den Reihen der Fridays for Future-bewegung wurden bedacht. Das Klimaziel 1,5 Grad (vorher: 2 Grad) soll angegangen weden. Fridays- Aktivistin Luisa Neubauer sprach von „einem wichtigen Schritt“.

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Foto: Kay Nietfeld/dpa Robert Habeck, Vorsitzend­er von Bündnis 90/Die Grünen, und Co-chefin Annalena Baerbock moderierte­n den digitalen Parteitag vor Wohnzimmer­kulisse.

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