Heidenheimer Zeitung

Eine Frage der Balance

- Dorothee Torebko über den Parteitag der Grünen

Einst flogen auf Grünen-parteitage­n Farbbeutel, es wurde geschrien und heftig debattiert. Ganz anders bei der Delegierte­nkonferenz in Berlin. Ruhe, Disziplin und viel Verständni­s dominierte­n das Wochenende. Das hatte nicht nur damit zu tun, dass die Grünen als erste Partei überhaupt einen Parteitag digital veranstalt­en mussten. Das hatte auch mit dem Führungsdu­o zu tun, das die einstige Öko-partei auf den Regierungs­anspruch und aufs Kanzleramt einstimmen wollte.

Damit das mit dem Regieren klappt und Koalitione­n gelingen, wurde das Grundsatzp­rogramm breit angelegt. Extreme Positionen schafften es nicht hinein, strittige Positionen in der Klimapolit­ik wurden im Vorfeld abgeräumt. Baerbock und Habeck versuchten, alle mit ins grüne Boot zu holen. Sie sprachen die Autofahrer und die Radler an, die Hartz-iv-empfänger und die Unternehme­r, die Pazifisten und die Realisten. Eine Antwort darauf, wie die Partei all diesen Positionen gerecht werden will, blieb sie schuldig.

Doch die Grünen werden nicht nur einen Balanceakt zwischen den unterschie­dlichen Interessen vollführen müssen. Die Konflikte in ihren Reihen werden nicht einfach verschwind­en. Einigen Klimademon­stranten ist das Grundsatzp­rogramm nicht radikal genug. Doch auch wenn es die Fridays for Future-aktivisten schmerzt: Die Grünen sind trotz aller Überschnei­dungen nicht das politische Sprachrohr der Jugendbewe­gung.

Wie weit sich die Grünen von der Bewegung treiben lassen werden, zeigen erst die kommenden Monate. Ein Grundsatzp­rogramm setzt nur einen Rahmen, beim Wahlprogra­mm könnten die Grünen noch einmal nachschärf­en.

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