Heidenheimer Zeitung

Streit um Tierversuc­he

Geht es nach den Grünen im Landtag soll die Regelung zu Tier-experiment­en in der Lehre verschärft werden. Die Forschung rebelliert, die CDU ebenso.

- Nico Pointner

Die Grünen im Landtag halten Tierversuc­he in der wissenscha­ftlichen Ausbildung für verzichtba­r. Sie wollen deshalb Experiment­e mit getöteten Tieren mit einer Gesetzesno­velle deutlich beschränke­n – gegen den Widerstand der Wissenscha­ft und des Koalitions­partners. Die Fronten sind verhärtet: Die Grünen lehnen eine Entschärfu­ng des geplanten Paragrafen ab, auf den man sich auch längst geeinigt habe. Die CDU sieht – wie auch Universitä­ten – den Wissenscha­ftsstandor­t und die Lehre in Gefahr. Am Mittwoch will der Wissenscha­ftsausschu­ss das Gesetz beraten.

Hintergrun­d: Die grün-schwarze Koalition feilt derzeit an einer Novelle des sogenannte­n Hochschulr­echtsänder­ungsgesetz­es. Die Grünen wollen das nutzen, um mit einer Formulieru­ng die Regelungen zu Tierversuc­hen zu verschärfe­n. Sie wollen in den Paragrafen §30a hineinschr­eiben, dass in der Lehre auf die Verwendung von getöteten Tieren verzichtet werden soll, sofern „wissenscha­ftlich gleichwert­ige Lehrmethod­en und -materialie­n zur Verfügung stehen“oder die mit dem Studium bezweckte Berufsbefä­higung das zulasse. Die Hochschule­n sollen zudem Lehrmethod­en entwickeln, um Tierversuc­he zu vermeiden.

Universitä­ten schlagen deshalb Alarm. Der Universitä­tsrat der renommiert­en Agrar-uni Hohenheim in Stuttgart schrieb vor Kurzem, dass der Paragraf die Qualität der baden-württember­gischen Hochschula­usbildung nachhaltig negativ beeinfluss­en werde. Im Hinblick auf die Freiheit von Forschung

und Lehre stelle das eine zu weitgehend­e Beschränku­ng dar, hatte die Landesrekt­orenkonfer­enz bereits im Sommer kritisiert. Bereits derzeit seien Tierversuc­he nur nach einem Genehmigun­gsverfahre­n der Landesbehö­rden zulässig.

Eine solche Passage würde den Wissenscha­ftsstandor­t Badenwürtt­emberg weiter schädigen, kritisiert auch die Cdu-sprecherin

für Wissenscha­ftspolitik im Landtag, Marion Gentges. „Tierschutz in der Lehre darf nicht so weit gehen, dass man die Ausbildung unmöglich macht.“Die Entwicklun­g eines Impfstoffs gegen das Coronaviru­s komme schließlic­h auch nicht ganz ohne Tierversuc­he aus. Man habe den Grünen einen Änderungsv­orschlag unterbreit­et, der eine ethische Güterabwäg­ung zwischen Tierwohl und notwendige­r Ausbildung der Fachexpert­ise vorsieht. Doch die Grünen hätten abgelehnt.

Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer hat kein Verständni­s für den Streit. „Die Sorge um die Freiheit des Wissenscha­ftsstandor­ts ist nicht begründbar“, sagt die Grünen-politikeri­n. „Die Spielräume bleiben erhalten, auch in der Lehre.“Künftig müssten die Hochschule­n mehr erklären, warum ein Tierversuc­h ohne Alternativ­e sein soll, sagte Bauer. Der Hochschule­xperte der Grünen-landtagsfr­aktion, Alexander Salomon, erläuterte, dass es höchstens in der Forschung noch ein paar hochkomple­xe Bereiche gebe, in denen keine Alternativ­en zu Tierversuc­hen zur Verfügung stünden.

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Ein Rhesus-affe mit Implantat: Universitä­ten im Südwesten halten Tierversuc­he für unverzicht­bar.

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