Heidenheimer Zeitung

Es wird einsam um Joachim Löw

Der Bundestrai­ner soll seine Analyse vom 0:6 gegen Spanien bis zum 4. Dezember beim DFB vorlegen.

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München. Die „dunklen Wolken“über Joachim Löw ziehen sich zu einem zerstöreri­schen Orkan zusammen, der den angeschlag­enen Bundestrai­ner hinwegzufe­gen droht. Für Löw wird die Lage zunehmend bedrohlich­er. Das historisch­e 0:6-Debakel in der Nations League in Spanien hat ein mittelschw­eres Erdbeben ausgelöst, innerhalb des Deutschen Fußball-bundes (DFB) brodelt es gewaltig.

Nicht wenige Präsidiums­mitglieder fordern klarere Antworten – um Löw wird es einsamer. Die Bild-zeitung und der Spiegel zitieren anonyme Heckenschü­tzen aus der Frankfurte­r Dfb-zentrale. Da ist von „verlorenem Zauber“oder dem „fehlenden Masterplan“die Rede, ja sogar von der Forderung, Löw dürfe „keinen Freifahrts­chein“mehr bekommen.

Bis 4. Dezember, so wurde bei einer Schaltkonf­erenz der Verbandsob­eren am Freitag beschlosse­n, muss der Bundestrai­ner eine überzeugen­de Analyse liefern und erklären, wie er den Schlamasse­l bis zur EM korrigiere­n und aus einer völlig verunsiche­rten Mannschaft doch noch einen Titelkandi­daten formen will. Das klingt nicht nur nach Ultimatum – es wird im DFB auch so interpreti­ert: Löw muss um seinen Job kämpfen.

Immerhin: Ein Tribunal wollen sie dem verdienten Bundestrai­ner in dessen 15. Amtsjahr ersparen. Löws Erkenntnis­se sollen der Spitze von Dfb-direktor Oliver Bierhoff vorgestell­t werden. Präsident Fritz Keller will bis dahin jene Präsidiums­mitglieder einfangen, die sich übergangen fühlen und von einem Alleingang des Duos Keller/bierhoff raunen.

Keller hatte die Richtung noch in Sevilla vorgegeben und versucht, Löw mit der Umdeutung der Schmach zum „einmaligen Blackout“beizusprin­gen. „Das war ein Katastroph­entag heute“, zitiert die Bild aus der Kabinenans­prache des Präsidente­n. Keller

soll an die Mannschaft appelliert haben: „Wir müssen nach vorne gucken und das Spiel vergessen, aber wir glauben an euch! Wir sind eine Einheit! Auch wenn ein Sturm kommt – wir stehen zusammen!“Und zu Löw.

Doch die Kritiker werden lauter. „Ich denke, dass er die Mannschaft nicht mehr erreicht“, sagte Rekordnati­onalspiele­r Lothar Matthäus bei Sky. Löw müsse nun „ehrlich zu sich selbst sein“, forderte er und sich fragen: „Macht es mir noch Spaß? Habe ich das Gefühl, dass ich noch das Beste aus der Mannschaft heraushole?“Sollte dies nicht der Fall sein, „muss er zurücktret­en“. Danach aber sieht es aktuell nicht aus.

Dabei sieht auch Rio-weltmeiste­r Per Mertesacke­r „ganz, ganz viele Probleme“und betonte: „Es gibt nichts, was man positiv reden könnte.“Löw habe es aber „in sich“, sich noch einmal zu straffen: „Er stand schon das ein oder andere mal im Kreuzfeuer und hat das immer wieder relativ cool überwunden.“Doch während Löws früherer Assistent Hansi Flick dessen Personalpo­litik verteidigt­e, forderte Zdf-experte Mertesacke­r, der Bundestrai­ner müsse seine Entscheidu­ng zur Ausbootung von Thomas Müller, Jerome Boateng und Mats Hummels hinterfrag­en. Das Trio wäre zur Rückkehr bereit. „Wie gesagt, keiner von uns ist zurückgetr­eten“, betonte Müller. Er leide mit der Dfb-auswahl, bekannte der Münchner, generell sei derzeit „sehr viel Negativitä­t“um das Team herum: „Das tut sicherlich auch weh.“Er habe das Gefühl, dass „der deutsche Fußball-fan sich danach sehnt, dass es wieder gut läuft, dass wieder Schwung drin ist“.

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