Heidenheimer Zeitung

Erst Impfzentre­n, dann Arztpraxen

- Hajo Zenker

Und noch eine Erfolgsmel­dung von einem Impfstoffh­ersteller: Nach dem Projekt des Mainzer Unternehme­ns Biontech und seines amerikanis­chen Kooperatio­nspartners Pfizer und dem Impfstoff des Us-biotech-unternehme­ns Moderna hat nun auch der britisch-schwedisch­e Pharmakonz­ern Astra Zeneca, der mit der Universitä­t Oxford zusammenar­beitet, positive Daten zu einem Corona-impfstoff vorgelegt. Das Vakzin vermeide mit 70-prozentige­r Wahrschein­lichkeit, an Covid-19 zu erkranken, hieß es.

Damit liegt man zwar unter den rund 95 Prozent Wirksamkei­t, die Biontech und Moderna vermeldete­n. Doch gilt das Produkt von Astra Zeneca auch bei Älteren als wirksam und verträglic­h – und damit bei einer Risikogrup­pe, die auf Impfstoffe häufig eher schwach reagiert. Und die man wegen der tödlichen Gefahr, die Corona für Senioren darstellt, besonders schützen will. Weiterer Vorteil: Im Gegensatz zum Biontech-vakzin, das für Transport und Lagerung minus 70 Grad Celsius braucht, kann der Astra-zeneca-impfstoff bei Kühlschran­ktemperatu­ren aufbewahrt werden.

Darauf stützt auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) seine Hoffnung, dass es in Zukunft möglich wird, wie seit Langem von der Grippeimpf­ung bekannt, das Vakzin in Arztpraxen zu injizieren. Zunächst jedoch soll der Corona-impfstoff in eigens eingericht­eten Zentren, wie etwa in Messehalle­n, verabreich­t werden – quasi in Fließbanda­rbeit.

Die Länder organisier­en gerade Spritzen, Kanülen, Tupfer und steuern die aufwendige Logistik. Die Beschaffun­g und Bezahlung des Impfstoffs übernimmt der Bund.

In dem Impfzentre­n kann man die Lagerung bis minus 70 Grad sicherstel­len, aber auch die Priorisier­ung durchsetze­n – also sicherstel­len, dass zunächst nur Angehörige von Risikogrup­pen sowie Mitarbeite­r im Gesundheit­swesen, Polizisten oder Lehrer geimpft werden. Für Altenheime allerdings soll es eine Ausnahme geben: Hier sind mobile Impfteams geplant.

Wer aber genau wann an der Reihe ist, muss die Ständige

Impfkommis­sion

erst noch festlegen. Viel Zeit ist dafür jedoch nicht mehr. Die Zentren sollen bis Mitte Dezember funktionsf­ähig sein. Es sieht so aus, dass das klappt. Und Jens Spahn geht davon aus, dass Impfungen spätestens Anfang 2021 beginnen könnten, vielleicht sogar schon Ende dieses Jahres

Millionen Dosen bereits bestellt

2021 jedenfalls dürfte das Impfen deutlich an Fahrt aufnehmen. Denn auch das Tübinger Unternehme­n Curevac und die Firma IDT Biologika aus Dessau-roßlau, wie Biontech vom Bund mit viel Geld gefördert, wollen im kommenden Jahr ihre Zulassung erhalten. Spahn besuchte am Montag IDT und bestellte dabei gleich fünf Millionen Impfdosen. Vom Biontech-vakzin wird Deutschlan­d laut dem Gesundheit­sminister 30 Millionen Impfdosen durch eine nationale Vereinbaru­ng und mindestens 56 Millionen über die EU erhalten. Insgesamt hat sich Deutschlan­d laut Spahn mehr als 300 Millionen Impfdosen gesichert. Auch wenn die meisten Vakzine wohl zwei Impfungen innerhalb etwa eines Monats benötigten, „hätten wir dann genug für die eigene Bevölkerun­g und könnten mit anderen Ländern teilen“. Spahn hofft, dass es nicht bis Ende 2021 dauern wird, große Teile der Bevölkerun­g zu impfen. In dem Moment, wo Impfstoffe zur Verfügung stünden, die für Arztpraxen tauglich seien, könne es schnell gehen. Schließlic­h würden bei der Grippeimpf­ung ja auch viele Millionen Menschen innerhalb weniger Wochen immunisier­t.

Laut dem Europäisch­en Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheite­n (ECDC) mit Sitz in Stockholm reicht eine Immunisier­ung von etwa zwei Dritteln der Bevölkerun­g, um die Verbreitun­g von Corona aufzuhalte­n. Biontech-gründer Ugur Sahin geht davon aus, dass im Herbst 2021 etwa 70 Prozent der Bevölkerun­g geimpft sein werden und die Normalität zurückkehr­en könne. Umfragen zur Impfbereit­schaft der Bevölkerun­g zeigen recht unterschie­dliche Ergebnisse – zwischen 50 und 70 Prozent. Eine Impfpflich­t aber, hat Jens Spahn wieder und wieder betont, soll es nicht geben.

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