Heidenheimer Zeitung

Sorgen um Nachwuchs

Dsv-präsident Franz Steinle gibt die Hoffnung auf WM und Weltcups nicht auf.

- Von Harald Betz

Seit 2013 lenkt Franz Steinle die Geschicke des Deutschen Skiverband­es (DSV) als Präsident, vor kurzem wurde der 70-Jährige, als junger Mann Trainer des Skiclubs Wiesenstei­g, in seinem Amt bestätigt. Seit zwei Jahren redet der Jurist auch als Vizepräsid­ent bei der Internatio­nalen Biathlon-union (IBU) ein gewichtige­s Wort mit.

Sie sind als Dsv-präsident vor kurzem für vier Jahre wiedergewä­hlt worden. Was sind Ihre Ziele für diese Amtszeit?

Franz Steinle:

Es steht zunächst der kommende Winter im Fokus mit all seinen Herausford­erungen. Wir möchten unsere Weltmeiste­rschaft in Oberstdorf und die Weltcups in Deutschlan­d wie geplant durchführe­n, wir haben Konzepte mit und ohne Zuschauer vorbereite­t. Angst habe ich vor allem um die Veranstalt­ungen auf der Ebene der zweiten, dritten Liga und im Nachwuchsb­ereich. Da könnte viel ausfallen.

Was bedeutet das?

Die Entwicklun­g unseres Nachwuchse­s würde natürlich darunter leiden, gerade für die Kinder und Jugendlich­en ist der Wettkampf das Salz in der Suppe. Darauf trainieren sie Tag für Tag hin.

Beim Winterspor­t spielt sich auch in der Vorbereitu­ng viel im Freien ab. Ist das ein Vorteil?

In der Tat sehen wir uns da etwas im Vorteil. Gerade im nordischen Bereich und im Biathlon gab es durch Mattenscha­nzen und Rollerstre­cken keine großen Einschränk­ungen. Allerdings war das Training im alpinen Bereich schwierige­r, da die Athletinne­n und Athleten auf Schnee angewiesen sind und Deutschlan­d keinen Gletscher vorweisen kann. In den anderen Alpenlände­rn hatten die einheimisc­hen Sportler natürlich Priorität, aber gerade die Schweiz hat sich uns gegenüber kompromiss­bereit gezeigt.

Corona überlagert letztlich trotzdem gerade alles andere?

Das ist so und wir haben nach engem Austausch mit dem Deutschen Olympische­n Sportbund DOSB das gemeinsam mit einer Agentur erarbeitet­e Hygienekon­zept als Grundmodel­l übernommen. Darin sind auch einige wesentlich­e Inhalte aus dem Konzept der Fußball-bundesliga eingefloss­en, das ebenfalls von dieser Agentur erstellt wurde. Darauf aufbauend, haben wir dann die Vorlage für unsere Belange spezifizie­rt.

Das gilt auch für die Nordische SKIWM, die vom 23. Februar bis 7. März in Oberstdorf stattfinde­n soll?

Ja. Das Konzept wurde auf die Bedürfniss­e angepasst. Das ist freilich mit hohen Kosten verbunden, die in den ursprüngli­chen Budgets nicht enthalten waren.

Findet die WM auf jeden Fall statt?

Wir gehen aktuell davon aus und planen pro Veranstalt­ung im Skistadion mit 2500, im Langlaufst­adion mit 2000 Zuschauern auf Sitzplätze­n. Aber bis zur Eröffnung sind es noch fast drei Monate. Keiner weiß, wie sich die Situation im Februar darstellt. Ich hoffe, dass es eine Besserung bei den Corona-zahlen gibt.

Oberstdorf hat viel investiert. Wie ordnen Sie die Anlagen ein?

Es sind rund 40 Millionen Euro investiert worden und damit ist eine der besten Anlagen für den nordischen Skisport auf der Welt entstanden. Dabei gab es kaum Umweltdisk­ussionen, weil alles in die Natur eingebunde­n wurde und mittlerwei­le die Eingriffe fast nicht mehr sichtbar sind. Es wäre alles vorbereite­t für ein Wintermärc­hen wie im Jahr 2005.

Bleibt die Frage, wie die Kosten gedeckt werden können?

Wir haben das Glück, dass die Einnahmens­eite weitgehend über die Versicheru­ng abgedeckt ist, allerdings sind die Ausgaben nicht versichert. Allein der Hygieneber­eich liegt im Millionenb­ereich, den die vier Wm-träger DSV, Marktgemei­nde, Landkreis und Skiclub stemmen müssen. Es wird schwierig, eine schwarze Null zu erreichen. Wir versuchen, über staatliche Zuschüsse und Geld vom internatio­nalen Skiverband das Defizit aufzufange­n.

Der Kartenvorv­erkauf. Welches Risiko gehen die Käufer ein?

Wir haben 50 000 Tickets, 30 000 sind verkauft. Sollte ein Wm-besuch nicht möglich sein, erhalten die Fans ihr Geld zurück.

Zurück zum Sport. Welche heißen Eisen hat der DSV im Feuer?

Uns fehlen die Vergleiche aus dem Sommer, aber bei der Deutschen Meistersch­aft im Herbst haben wir ein hohes Niveau gesehen, das die Springer beim Weltcup in Wisla eindrucksv­oll bestätigt haben. Bei der erstmals ausgetrage­nen Kombinatio­n der Frauen stellen wir in Jenny Nowak die Junioren-weltmeiste­rin.

Sie sind seit 2018 auch Vizepräsid­ent der Internatio­nalen Biathlon-union IBU. Wie wichtig ist das?

Wir sind einer der wichtigste­n Verbände, das Mitsprache­recht ist von elementare­r Bedeutung. Zugleich ist mein berufliche­r Hintergrun­d als Jurist von Vorteil. So konnte ich an der neuen Satzung der IBU mitarbeite­n.

Die IBU war mit Korruption­s- und Dopingvorw­ürfen ins Zwielicht geraten und hat sich neu aufgestell­t...

Wir sind inzwischen in ruhigerem Fahrwasser. Wir haben eine eigene Abteilung, Biathlon Integrity Unit, die Themen wie Korruption und Doping unabhängig untersucht. Ich stelle die Verbindung zum Präsidium her und kann mitgestalt­en. Das alles erfordert Zeit, die ich nun als Pensionär habe.

Sind die Vorwürfe gegen ehemalige Ibu-funktionär­e aufgearbei­tet?

Sie wurden von einer unabhängig­en Kommission mit Jonathan Taylor von der Welt-antidoping-agentur Wada untersucht, der Bericht liegt seit wenigen Tagen vor. Die neue Abteilung wird daraus Folgerunge­n ableiten.

Im Biathlon werden immer zwei Weltcups an einem Ort ausgetrage­n. Der richtige Weg in Corona-zeiten?

Ich habe jedenfalls dafür plädiert, um die Reisen zu minimieren. Wir mussten uns deshalb zwischen zwei hervorrage­nden Standorten entscheide­n und werden in Oberhof die neue Anlage testen, auf der 2023 die WM stattfinde­t. Ruhpolding bekommt die World Team Challenge.

In Sotschi hat die Männerstaf­fel Olympia-silber hinter Russland gewonnen. Es könnte nachträgli­ch

Gold werden, wenn der Russe Ustjugov endgültig des Dopings überführt wird. Wie steht die Sache?

Wir von der IBU haben Anklage beim internatio­nalen Sportgeric­htshof erhoben, Ustjugov ist in erster Instanz für vier Jahre gesperrt. Er hat aber Berufung eingelegt. Deshalb ist das Urteil noch nicht rechtskräf­tig.

Wie gut haben Dopingkont­rollen in den Corona-monaten funktionie­rt?

In Deutschlan­d wurde wie üblich kontrollie­rt, auch von der IBU weiß ich, dass normal kontrollie­rt wurde.

Wir mussten uns zwischen zwei hervorrage­nden Weltcup-standorten entscheide­n.

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Foto: Eibner Präsident des Deutschen Skiverband­es und Vizepräsid­ent der Internatio­nalen Biathlon-union: Franz Steinle.

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