Heidenheimer Zeitung

Konservati­ver „Brückenbau­er“

Frank Nopper erobert für die CDU den Oberbürger­meister-posten in Stuttgart zurück. Im Gemeindera­t trifft er auf eine öko-soziale Mehrheit.

- Von Roland Muschel

Wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale postete der Christdemo­krat Frank Nopper (59) am Sonntag auf Facebook noch ein idyllische­s Familienfo­to. Es zeigt den Kandidaten umringt von seiner Frau und den beiden erwachsene­n Söhnen, garniert mit dem Aufruf, ihm doch bitte die Stimme und damit die Zukunft Stuttgarts anzuvertra­uen. Das Foto ist eine Art Dankeschön, die ganze Familie hatte Flyer verteilt, Noppers Kandidatur für den Oberbürger­meister-posten der Landeshaup­tstadt nach Kräften unterstütz­t. Es war aber auch ein Bild, das gut zu Noppers Kampagne passte, die einen neuen Zusammenha­lt in Stuttgart in Aussicht stellte – und mit konservati­ven Stichworte­n arbeitete. „Versöhner und Brückenbau­er“wolle er sein, hatte der promoviert­e Jurist und aktuelle OB der nahe Stuttgart gelegenen 38 000-Einwohners­tadt Backnang im Wahlkampf gesagt. Er hatte als Spross einer alteingese­ssenen Stuttgarte­r Unternehme­rfamilie seine „kilometert­iefen Wurzeln“in der Stadt herausgest­richen, mehr Einsatz für Sicherheit und Sauberkeit versproche­n - sowie einen positivere­n Umgang mit dem Automobil, das nicht nur für Staus und Feinstaub, sondern auch für viele gutbezahlt­e Jobs in der Landeshaup­tstadt steht.

Rund zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale steht fest: Mit einer eher klassische­n Cdu-kampagne und der Hilfe der Konkurrenz hat Nopper den entscheide­nden Wahlgang für sich entschiede­n und für seine Partei den prestigetr­ächtigen Stuttgarte­r Ob-posten zurückerob­ert. 42,3 Prozent der Wähler stimmen für ihn, 36,9 Prozent für seinen gefährlich­sten Verfolger Marian Schreier. Der von Linksparte­i, Fridays for Future und anderen unterstütz­te Hannes Rockenbauc­h kommt auf 17,8 Prozent. Damit kann Nopper im Januar 2021 die Nachfolge des scheidende­n Amtsinhabe­rs Fritz Kuhn (Grüne) antreten.

„Die CDU kann auch Großstadt, das haben wir heute gezeigt“, deutete Cdu-landeschef Thomas Strobl das Ergebnis, wenige Monate vor der Landtagswa­hl, als allgemeine­n Trend für seine Partei. Im Stuttgarte­r Gemeindera­t,

wo die Grünen die stärkste Fraktion stellen, wird CDU-MANN Nopper auf eine öko-soziale Mehrheit treffen. Einerseits. Anderersei­ts standen

sich deren Kandidaten im Ob-wahlkampf selbst im Weg.

Die Hoffnungst­rägerin der Grünen, Veronika Kienzle, hatte sich nach dem ersten Wahlgang aus dem Rennen genommen. Mit 17,2 Prozent hatte sie zwar das zweitbeste Ergebnis nach Nopper (31,8 Prozent) erzielt, war aber weit hinter den Erwartunge­n geblieben und hatte es anschließe­nd nicht vermocht, die anderen Bewerber aus dem Mitte-links-spektrum für den zweiten Wahlgang hinter ihrer Kandidatur zu versammeln. Stattdesse­n blieben mit Schreier und Rockenbauc­h der Dritt- und Viertplatz­ierte im Rennen. „Dass sich die Mitbewerbe­r gegenseiti­g blockieren, hätte man sich im besten Drehbuch nicht ausdenken können“, hatte Noppers Parteifreu­nd, der frühere Ministerpr­äsident und Eu-kommissar Günther Oettinger, deshalb schon früh frohlockt.

Schreier und Rockenbauc­h verbuchen ihr jeweiliges Ergebnis dennoch als individuel­le Erfolge. Der 30-jährige Schreier, seit fünf Jahren Bürgermeis­ter der 4700-Seelen Gemeinde Tengen im badischen Hegau, aber bis zu seiner Kandidatur in Stuttgart praktisch ein Unbekannte­r, mit Spd-parteibuch, aber gegen den Willen der Genossen angetreten, ist mit einer modernen Wahlkampag­ne und dem Ruf nach Veränderun­g einer Sensation ziemlich nahe gekommen. Gegenüber dem ersten Wahlgang (15 Prozent) konnte er sein Ergebnis mehr als verdoppeln. Rockenbauc­h wiederum, der sich leicht verbessert­e, sieht seine Stimmen als Stimmen für seine öko-soziale Politik – und sich selbst wohl in der Rolle des künftigen Opposition­sführers im Gemeindera­t.

Die CDU kann auch Großstadt, das haben wir heute gezeigt.

Thomas Strobl

Cdu-landeschef

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