Heidenheimer Zeitung

Lachen gegen Corona

Witze über Klopapier, Homeoffice oder Hygienereg­eln: Eine Expertin erklärt, warum Humor in der Krise wichtig ist. Aber es gibt klare Grenzen.

- Von Jordan Raza

Zwei Dinosaurie­r sitzen auf der Erde, während sich am Himmel ein Objekt nähert. Der eine ruft: „Ein Meteorit!“Und der zweite sagt: „Komm! Lass uns sofort Klopapier kaufen gehen!“Witze, die das Verhalten der Menschen in der Corona-krise verhöhnen, gibt es viele. „Humor schafft eine gewisse Erleichter­ung und emotionale Distanz. Wir können Sorgen und Ängste so leichter bewältigen“, sagt die Autorin und Leiterin des Deutschen Instituts für Humor, Eva Ullmann.

Seit Monaten bestimmt die Corona-pandemie den Alltag vieler Menschen – kein Wunder also, dass sie auch Auswirkung­en darauf hat, welche Witze kursieren. „Eine Krise verändert und beeinfluss­t den Humor aller Betroffene­n“, schreibt Ullmann in ihrem Buch „Humor ist Chefsache“, in dem sie sich auch der Corona-krise widmet. Demnach fördert die Pandemie bei Privatpers­onen, aber auch in der Werbung neuen Humor – den Corona-humor.

Das Besondere daran: Er findet vor allem online statt und verbreitet sich über die sozialen Medien. So zeigt ein Comic auf Instagram einen Sanitäter, der zu einem Notfall kommt: „Gott sei Dank ein Herzinfark­t. Der Corona-scheiß geht mir echt auf die Nerven.“Zu Ostern wurden viele Witze gepostet wie: „Und wo haben Sie dieses Jahr das Klopapier versteckt?“Auch ein Spruch wie „Der Osterhase ist systemrele­vant. Natürlich darf der raus!“wäre in keinem anderen Jahr witzig gewesen.

Auch Unternehme­n entwickeln neuartigen Humor. So sorgte etwa ein Wiener Bestattung­sunternehm­en im Oktober für Aufruhr im Netz. Es hatte auf Alltagsmas­ken den Spruch drucken lassen: „Corona leugnen sichert Arbeitsplä­tze.“

Derartige Witze werden als aggressive­r Humor bezeichnet. „Man macht sich auf Kosten anderer lustig. Das hat etwas Ausgrenzen­des“, weiß Humorforsc­herin Tabea Scheel von der Uni Flensburg. Dazu gehören in der Pandemie nicht nur gehässige

Scherze über Corona-leugner, sondern etwa auch über Politiker. Doch böser Humor ist laut Ullmann gerade in der Corona-krise wichtig. „Er schafft Distanz und macht das Problem erträglich­er.“Denn viele Menschen fühlten sich in Krisen ohnmächtig. Aggressive­r, schwarzer Humor könne ihnen ein Gefühl von Handlungsf­ähigkeit vermitteln, erklärt die Expertin.

Demgegenüb­er steht der soziale Humor, der sich etwa über kollektive­n Klopapier-mangel lustig macht. „Hier lacht man zusammen. Wir gemeinsam gegen

Corona“, so Scheel. In Zeiten von Isolation und Kontaktbes­chränkunge­n sei das besonders wichtig. „Sozialer Humor ist positiv und schafft Nähe zwischen Menschen.“

In einem sind sich beide Expertinne­n einig: Humor in der Corona-krise darf viel, aber nicht alles. „In der Regel ist es gesellscha­ftlich schwierig, wenn sich Witze etablieren, die permanent zu Lasten einer bestimmten Gruppe gehen“, sagt Scheel. Zu Beginn der Corona-krise verbreitet­en sich online beispielsw­eise lustige Fotos mit der Aufschrift „Oma, gib mir deine Handtasche, sonst huste ich dich an“oder „Das Coronaviru­s ist wie die Pasta. Die Chinesen haben sie erfunden und die Italiener haben sie verbreitet“.

Außerdem bezeichnet Ullmann Witze als gefährlich, die Lügen verstärken. „Wenn sich Humor auf Falschinfo­rmationen draufsetzt, ist das nicht produktiv für die Bewältigun­g einer Krise“, sagt sie. In einer Zeit, in der ohnehin viele Falschnach­richten kursierten, sollten solche Witze nicht verbreitet werden. Fest stehe: Humor sei immer individuel­l und abhängig von persönlich­en Umständen.

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Foto: Deutsches Institut für Humor/ dpa Humorexper­tin Eva Ullmann.

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