Heidenheimer Zeitung

Johnsons Entscheidu­ng

- Stefan Kegel zu den Brexit-verhandlun­gen mit Großbritan­nien

Nachdem Europa schon mehrfach in die entscheide­nde Brexit-woche eingebogen ist, hat sich bei der Erwähnung dieses Themas eine gewisse Ermattung breit gemacht. Wenn also nun wieder mal von der alles entscheide­nden Woche der Verhandlun­gen die Rede ist, könnte man abwinken. Denn natürlich sind nicht alle Türen zugeschlag­en, wenn bis Freitag ein Verhandlun­gsergebnis ausbleibt. Bis Ende Dezember können Großbritan­nien und die EU noch über ihr Handelsabk­ommen verhandeln, es könnte dann provisoris­ch am 1. Januar in Kraft gesetzt werden, bis die nationalen Parlamente es abgesegnet haben.

Trotzdem: Es lohnt sich, in dieser Woche genau hinzusehen. Denn jetzt wird erkennbar werden, ob sich bei den verblieben­en kontrovers­en Themen Kompromiss­bereitscha­ft einstellt. Der Ausstieg der Briten aus Binnenmark­t und Zollunion stellt schon mit Handelsver­trag eine Zäsur für den Kontinent dar. Ohne Vertrag wären die Folgen vor allem für die Wirtschaft ungleich schwerwieg­ender. Offenbar hat die Corona-pandemie in London aber die Entschloss­enheit befeuert, beide Krisen gleichzeit­ig bewältigen zu wollen. Noch immer hofft man dort, dass die EU in den Gesprächen einknickt, weil sie den Handel mit der zweitgrößt­en europäisch­en Volkswirts­chaft braucht.

Wegen seines massiv kritisiert­en Corona-management­s kann Premiermin­ister Boris Johnson kaum Abstriche bei den Verhandlun­gen machen. Denn der kompromiss­lose Brexit ist der Klebstoff, der die Torys momentan zusammenhä­lt. Johnson muss sich also entscheide­n – zwischen dem Parteifrie­den und einem Kompromiss für die Zukunft seines Landes.

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