Heidenheimer Zeitung

Politthril­ler im Magdeburge­r Landtag

Eigentlich war schon vieles ausgehande­lt zwischen den Koalitionä­ren der Kenia-fraktion in Sachsen-anhalt. Dann grätschte die Cdu-fraktion dazwischen – und sorgt für Chaos.

- Dominik Guggemos

Magdeburg. Hochspannu­ng in Magdeburg: Ein möglicher Bruch der Kenia-koalition aus CDU, SPD und Grünen in Sachsen-anhalt wegen des Streits um die Erhöhung des Rundfunkbe­itrags galt schon als vertagt. Die Abstimmung im Medienauss­chuss sollte um eine Woche verschoben werden – genug Zeit, um einen Kompromiss zu finden. Doch dann grätschte die Cdu-fraktion dazwischen, lehnte die Verschiebu­ng ab. Wie der Thriller in Magdeburg ausgeht, war zu Redaktions­schluss ungewiss.

Es kommt nicht häufig vor, dass das politische Berlin gespannt nach Sachsen-anhalt blickt, doch der Konflikt um den Staatsvert­rag und die Erhöhung des Rundfunkbe­itrags

um 86 Cent auf 18,36 Euro hat aus zwei Gründen bundesweit­e Relevanz: Zum einen kann der Beitrag nicht, wie geplant, zum 1. Januar 2021 erhöht werden, wenn nicht alle 16 Landesparl­amente zustimmen. Zum anderen würde die CDU im Magdeburge­r Landtag gemeinsam mit der AFD dagegen stimmen und damit die Mehrheit bilden.

Von Seiten der Koalitions­partner SPD und Grüne wird in diesem Fall offen mit dem Bruch der Koalition gedroht und an die Ministerpr­äsidentenw­ahl in Thüringen erinnert, als die CDU gemeinsam mit der AFD den Fdp-politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpr­äsidenten wählte. Der Cdu-ministerpr­äsident Reiner

Haseloff ist einer der wenigen aus seiner Landtagsfr­aktion, der der Erhöhung zustimmen will – und im Sommer auch schon den entspreche­nden Beschluss aller Ministerpr­äsidenten unterschri­eben hat.

Die Cdu-fraktion argumentie­rt, dass sie schon seit 2010 im Wahlprogra­mm verankert habe, dass sie eine Erhöhung nicht mittragen werde – also bevor die AFD überhaupt gegründet wurde. Auch im Koalitions­vertrag 2016 sei von „Beitragsst­abilität“die Rede. Allerdings würde es sich um die erste Erhöhung seit 2009 handeln. Vorgeschla­gen wurde sie von der unabhängig­en Kommission KEF.

Während die Fraktion Haselhoff die Zeit verwehrt um einen Kompromiss zu schmieden, findet er in der Koalition keine Mehrheit für seinen favorisier­ten Ausweg aus der Klemme: Angesichts der wirtschaft­lichen Folgen der Corona-pandemie solle nämlich nach seinen Vorstellun­gen die KEF die Erhöhung neu evaluieren. Das hätte den Charme, dass die Abstimmung erst viel später und womöglich nach den Landtagswa­hlen anstünde. Zur Wahl im kommenden Jahr werden viele Kritiker aus der Fraktion nicht mehr antreten. Ein Kompromiss­vorschlag kam von den Grünen: Der Staatsvert­rag solle jetzt beschlosse­n werden, aber die Erhöhung erst Mitte 2021 greifen. Dann gäbe es Zeit für die Ministerpr­äsidenten, nachzuverh­andeln.

 ?? Foto: Klaus-dietmar Gabbert/dpa ?? Reiner Haseloff (CDU), Ministerpr­äsident von Sachsen-anhalt, versucht in die Rundfunk-debatte Ruhe zu bringen.
Foto: Klaus-dietmar Gabbert/dpa Reiner Haseloff (CDU), Ministerpr­äsident von Sachsen-anhalt, versucht in die Rundfunk-debatte Ruhe zu bringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany