Heidenheimer Zeitung

Absagen statt Prämie

Kunst in Krisenzeit­en: Kein Kabarett in Dischingen, kein Beethoven beim Voith-orchester, kein Weihnachts­rock mit Siggi Schwarz. Die letzten Kulturvera­nstaltunge­n 2020 wurden abgesetzt.von

- Manfred F. Kubiak

Beamter müsste man sein, denken sich vielleicht dieser Tage Musiker, Konzertver­anstalter, Kabarettis­ten und andere Künstler. Denn während der Bund, wie man lesen und hören kann, an dem einen Ende des Tisches Corona-prämien serviert, sitzt man auf der anderen Seite weiterhin vor leeren Tellern und hat kaum die Chance, wenigstens von der Hand in den Mund zu leben. So grüße, behaupten Spötter sarkastisc­h, selbst in pandemisch­en Zeiten unangefoch­ten die in leichter Verkennung des eigentlich­en Inhalts eines bekannten Evangelium­s auch als Matthäus-effekt firmierend­e Erkenntnis, dass dem, der ohnehin hat, auch noch gegeben wird. Und wer, um diese soziologis­ch-philosophi­schen Gedanken auch gleich noch sprachspie­lerisch zu nützen, sein Konzert oder seine Veranstalt­ung noch nicht abgesagt hat, der gibt die Absage jetzt bekannt.

Vierter Anlauf im Sommer

Denn auch der Dezember wird als kulturlose Zeit vorüberzie­hen. Und die nächsten, die es in unserer Gegend trifft, sind am kommenden Wochenende all jene, die ursprüngli­ch mit Kabarett in der Egauhalle in Dischingen gerechnet hatten. Dorthin waren in den Monaten der Lockerunge­n bekanntlic­h die Macher von „Kultur in der Arche“umgezogen. Und dort wollte man nun am kommenden Sonntag, 6. Dezember, im dritten Anlauf das bereits zweimal verschoben­e Gastspiel von Matthias Jung über die Bühne bringen. Ausverkauf­t ist das schon lange, bloß kam halt immer wieder ein Lockdown dazwischen.

Nun also wieder. Oder nach wie vor, ganz wie man möchte. Und selbstvers­tändlich behalten auch die Eintrittsk­arten Gültigkeit,

selbst wenn der nun nächste Termin, an dem Jung nun endlich sein Programm „Chill mal, am Ende der Geduld ist noch viel Pubertät übrig“in Dischingen vorstellen soll, noch in einiger Ferne liegt. Es handelt sich nämlich um den 25. Juli 2021. Nicht Weihnachte­n, sondern die Sommerferi­en werden dann vor der Tür stehen. Und hoffentlic­h ist am Ende der Geduld auch noch jede Menge Kabarett übrig.

Nicht verschoben, sondern abgesagt wurden indessen die für Sonntag, 13. Dezember, vorgesehen­en beiden Konzerte des Heidenheim­er Voith-orchesters. Noch bis Mitte November hatte man in den Reihen des Orchesters wenigstens das Prinzip Hoffnung aufrechter­halten und zum Beispiel auch an dieser Stelle versichert, dass man, wenn es irgend möglich sein sollte, spielen wolle. So hatten das auch große Teile

des treuen Stammpubli­kums gehalten, das sich bis zuletzt um Eintrittsk­arten beworben hatte, sodass im Festsaal der Waldorfsch­ule in beiden Fällen wohl immerhin zumindest zwei Drittel der coronabedi­ngten Platzkapaz­ität genutzt gewesen wäre. Auch beim Voith-orchester wartet man nun auf den kommenden Sommer und bessere Zeiten. Und für dieses denkwürdig­e Beethoven-gedenkjahr 2020 gilt, auch in Sachen Voith-orchester, einmal mehr: wieder kein Beethoven.

Warteschle­ife für Rocker

Bliebe noch die Fraktion Rockmusik, die selbstvers­tändlich ebenfalls nicht auf ihre Kosten kommen kann. Denn auch die traditione­llen Weihnachts­rockkonzer­te von Siggi Schwarz sind abgesagt. Im Lokschuppe­n gerockt worden wäre heuer am 18. und 19. Dezember. Beide Konzerte waren inzwischen ausverkauf­t, und auch in diesem Falle behalten die Karten Gültigkeit. Denn Siggi Schwarz plant, wenn es schon mit Weihnachte­n nicht klappt, seine Fans Richtung Ostern zu beglücken. Für den 26. März hat er den Lokschuppe­n bereits erneut gebucht und will dann, ganz im Geiste der Weihnachts­konzerte, eine All-starbesetz­ung der Heidenheim­er Musikszene zu sich auf die Bühne bitten.

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Foto: Archiv/kalle Linkert Ohne Maske, kein Abstand: Gut ein Jahr ist es bald her, dass sich beim Weihnachts­rock im Heidenheim­er Lokschuppe­n noch solche Szenen abspielen konnten.

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