Ermutigendes Zeichen
Welch ein Zeichen! Der Münchner Kardinal Reinhard Marx setzt einen Großteil seines Privatvermögens für eine Stiftung ein, mit der das Leid von Opfern sexueller Gewalt in der Kirche gelindert werden soll. Damit steht ein Kirchenführer persönlich ein für das Versagen des Systems Kirche, obwohl ihn, nach allem was man weiß, keine persönliche Schuld trifft. Der Münchner Erzbischof hat sich schon in seiner Zeit als Vorsitzender der Bischofskonferenz rühren lassen vom Leid der Betroffenen und mit der ihm eigenen Wucht für Reformen am kranken System Kirche gekämpft. Oft genug mit erheblichem Gegenwind aus besonders konservativen bayerischen Bistümern und aus dem Erzbistum Köln.
Dort sitzt mit Kardinal Rainer Maria Woelki Marx’ Gegenspieler. Mit Gutachten und Gutachten zu Gutachten
zeigt Woelki ein übles Versteckspiel und zerstört damit Vertrauen. Mehr als zehn Jahre nach Aufdeckung der Verbrechen in katholischen Einrichtungen und jahrzehntelanger Vertuschung wäre es höchste Zeit, Ross und Reiter zu nennen. Nicht nur in Köln. Nicht jeder Kirchenverantwortliche mag sich schuldig gemacht haben im strafrechtlichen Sinne, doch ein eklatantes Versagen und eine anhaltende Blindheit gegenüber dem Leid der Opfer wird nicht wenigen von ihnen vorzuwerfen sein.
Ohne eine Umkehr wird es keinen Frieden geben. Finanzielle Leistungen für die Betroffenen und vorbildliche Präventionsprogramme gleichen nicht aus, dass viele Verantwortliche von einst nach wie vor schweigen. Oder – wie in Köln – mächtige Kirchenmänner von heute Betroffene als Feigenblatt missbrauchen. Kardinal Marx zeigt, dass es anders geht.