Heidenheimer Zeitung

Der lange Weg zurück

- Über das geplante Impfzentru­m

Die Sehnsucht nach der Rückkehr in die Normalität ist groß. Zu stark hat die Pandemie in unser aller Leben eingegriff­en. Gefühlt ist alles nicht nur ruhiger, sondern fast zum Stillstand gekommen. Doch die gute Nachricht ist: Ein Ende der Pandemie ist absehbar.

Ein wichtiger Baustein dafür ist das angekündig­te Impfzentru­m im Congress-centrum. Das Land plant nach Angaben von Landrat Peter Polta den Start der Impfungen ab dem 15. Januar. Dafür sind aber noch viele Hürden aus dem Weg zu räumen und müssen vermutlich viele freiwillig­e Helfer ihre Feiertage für den Umbau der Halle opfern.

Noch bevor überhaupt der Impfstoff verfügbar ist, muss beispielsw­eise die Infrastruk­tur mit speziellen Kühllagern aufgebaut werden, müssen die Mitarbeite­r für den Zwei-schicht-betrieb auf dem Schlossber­g gefunden sein und die It-systeme funktionie­ren. Gerade bei dem letzten Punkt gibt es noch viele Unwägbarke­iten, etwa, ob die Software des Bundes für die Verwaltung des Vakzins rechtzeiti­g bereitgest­ellt sein wird. Daran gibt es bereits Zweifel, weil gerade erst mit der Entwicklun­g begonnen wurde und staatliche It-projekte bisher eher selten mit fristgemäß­er Fertigstel­lung glänzen konnten.

Dabei kommt diesem Programm eine besondere Bedeutung zu. Denn darüber werden die Verteilung der Impfstoffe und die Personengr­uppen, die überhaupt eine Impfung erhalten sollen, verwaltet. Am Anfang werden das maximal 800 Menschen am Tag sein. Rechnet man das hoch, könnten damit innerhalb von sechs Monaten alle Kreisbewoh­ner geimpft sein. Doch leider stimmt die Rechnung nicht, denn die zunächst erhältlich­e Impfung muss für eine optimale Schutzwirk­ung zweimal, innerhalb weniger Wochen, verabreich­t werden. Das heißt, bis zur viel zitierten Herdenimmu­nität wird es länger dauern. Ein Lichtblick ist zumindest, dass im kommenden Jahr weitere Impfstoffe auf den Markt kommen werden, die dann auch von den Hausärzten verabreich­t werden können.

Aber es gehört auch zur Wahrheit, dass gerade in den ersten Monaten nicht genügend Impfstoff für alle Interessen­ten zur

Thomas Zeller

Verfügung stehen wird. Deshalb wird es eine Priorisier­ung von Personengr­uppen geben, über die die Ständige Impfkommis­sion gerade noch berät. Dieses Vorgehen wird Neider auf den Plan rufen und jenen gesellscha­ftlichen Strömungen Vorschub leistet, die sich ohnehin von dem System benachteil­igt fühlen. Das angespannt­e Klima innerhalb der Gesellscha­ft dürfte dadurch weiter angeheizt werden. Zudem muss noch eine gegensätzl­iche Herausford­erung gemeistert werden. Um die von der Weltgesund­heitsorgan­isation empfohlene Impfquote von 60 bis 70 Prozent zur Überwindun­g der Pandemie zu erreichen, müssen zumindest einige Vertreter der im Kreis Heidenheim nicht kleinen Fraktion der Impfgegner mit ins Boot geholt werden. Nur wenn sie sich überzeugen lassen, sich mit dem Vakzin vor einer Corona-infektion zu schützen, gibt es eine Chance, die erforderli­che Quote zu erreichen. Laut aktueller Umfragen sagt bisher gerade einmal ein Drittel der Deutschen, dass es fest entschloss­en sei, sich impfen zu lassen. Weitere 40 Prozent wollen es wahrschein­lich tun.

Nach den Erfahrunge­n mit Impfkampag­nen in der Vergangenh­eit sollte man jedoch nicht zu optimistis­ch sein. Zumal ein großer Teil der Bevölkerun­g erst einmal abwarten will, ob das Serum tatsächlic­h so effektiv ist und die Nebenwirku­ngen gering ausfallen. Das ist vollkommen legitim, wird aber ebenfalls dazu führen, dass die Rückkehr zur Normalität länger dauern wird.

Im Umkehrschl­uss werden wir noch etliche Monate auf so manche Begegnung und Freizeitak­tivität verzichten müssen. Die Maskenpfli­cht und Abstandsre­geln werden uns noch mindestens bis in den Sommer begleiten. Aber, und das ist der lohnenswer­te, der positive Ausblick, je mehr Menschen im Kreis zur Impfung bereit sind, umso größer ist die Chance, dass vielleicht im nächsten Sommer schon wieder Normalität herrscht.

Thomas.zeller@hz.de

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