„Bin extrem dankbar“
Markus Eisenbichler springt derzeit seinen Konkurrenten davon – und bleibt vor der Skiflug-wm dennoch auf dem Boden.
Mit einem breiten Grinsen saß Markus Eisenbichler im seinem Hotelzimmer in Nischni Tagil, die hereinfallenden Sonnenstrahlen erwärmten das Gemüt des Überfliegers noch mehr als ohnehin schon. Den Weltmeister bringt nach seinen zwei Siegen und einem zweiten Platz zum Saisonauftakt deshalb auch die bevorstehende Skiflug-wm nicht aus der Ruhe. „Ich mache mir keine Gedanken darüber“, sagte der Bayer locker.
Erst einmal stehen am Wochenende zwei Einzelspringen im tiefsten Russland an, dann erst gilt der Fokus der Flugschanze in Planica (10. bis 13. Dezember). Bei den beiden Wettkämpfen hinter dem Ural will Eisenbichler seine Form bestätigen, nach überragenden Sprüngen in Wisla und Kuusamo ist er derzeit das Maß aller Dinge.
„Ich bin extrem dankbar, dass ich derzeit in dieser Form bin“, sagte der Weltcup-gesamtführende bescheiden, die harte, aber auch schöne Arbeit im Sommer sei der Grundstein dafür. Es ist nicht das einzige Erfolgsgeheimnis: „Eisei“probiert‘s dieses Jahr mal „mit ein bisschen Lockerheit“. Im Sommer habe er „Zeit und Ruhe gehabt“, um sich im Training Gedanken zu machen, erzählt der 29-Jährige. In der verkorksten Saison davor habe er sich selbst zu viel unter Druck gesetzt und zu perfektionistisch gearbeitet.
Nun hat Eisenbichler den Kopf frei, nachdem er sich im Sommer in der Natur beim Wandern, Klettern, Kajakfahren oder mit dem Rennrad und Mountainbike ausgetobt hatte. Die Coronakrise habe ihm dabei sogar „in die Karten gespielt“, gab er zu, „weil ich mir Gedanken über mich selbst machen konnte“.
Der Erfolg gibt dem Dreifach-weltmeister von 2019 recht. Das sieht auch Stefan Horngacher so. „Er steht mit beiden Füßen auf dem Boden und erarbeitet sich alles jeden Tag und mit jedem Sprung aufs Neue“, sagt der aus Österreich stammende Bundestrainer. Es werde zwar nicht jeder Sprung immer gelingen, „aber
Bundestrainer, über Markus Eisenbichler man kann damit gut durch die Saison kommen“.
Eisenbichlers herausragende Leistungen bringen auch die Teamkollegen zum Staunen. „Was er im ganzen Sommer und jetzt auch im Winter geleistet hat, ist ziemlich einzigartig“, schwärmt der frühere Weltmeister Severin Freund. Solch stabile Leistungen über den Sommer hinweg habe er in seiner Zeit in der Nationalmannschaft noch nicht erlebt.
Für Eisenbichler steht neben dem Training auch Erholung im Fokus. „Ein bissl Lesen, ein bissl Zocken“, beschreibt er seine derzeitigen Freizeitaktivitäten. Und, ganz wichtig: sich anders als etwa die österreichischen Konkurrenten nicht mit Corona infizieren. Eisenbichler macht sich diesbezüglich „keine Gedanken“, behauptet er.
Einen Positiv-test will er selbstverständlich dennoch vermeiden: Die Großereignisse wie die Skiflug-wm und die Vierschanzentournee stehen an. „Ich möchte überall dabei sein und die Form auch auskosten“, sagt er. Dass die Wettkämpfe wohl ohne Fans stattfinden werden, komme „seinem ganzen Wesen“entgegen, betont Horngacher.
Die Ruhe könnte Eisenbichler zu weiteren Traumflügen verhelfen. Er werde weiter versuchen, „die Zuschauer vor dem Fernseher zu begeistern“.
Er steht mit beiden Füßen auf dem Boden und erarbeitet sich alles jeden Tag aufs Neue. Stefan Horngacher