Wenn der Hals kratzt. . .
Die Corona-pandemie hat den Blick auf Krankheiten verändert. Wer nicht zur Arbeit kommen kann, muss das dem Vorgesetzten rasch mitteilen. Und auf eine mögliche Ansteckungsgefahr hinweisen.
Der Hals kratzt, der Kopf ist dicht, nichts geht mehr. Das Thema Krankheit hat 2020 eine ganz neue Bedeutung bekommen. Die Grundregeln der Krankschreibung aber bleiben auch in Zeiten der Corona-pandemie bestehen.
Wie schnell muss man im Krankheitsfall den Arbeitgeber informieren? „Unverzüglich“, sagt Regine Windirsch, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht in Düsseldorf. Spätestens also zu Arbeitsbeginn am nächsten Werktag. Informiert werden muss entweder der Vorgesetzte direkt oder eine vom Arbeitgeber bestimmte Person, zum Beispiel der Abteilungsleiter. Auch eine vom Arbeitgeber bestimmte Stelle, etwa die Personalabteilung, ist in manchen Unternehmen die richtige Anlaufstelle.
„Eine Meldung an den Betriebsrat oder an die Kollegen ist nicht ausreichend“, stellt Daniel Stach, Rechtsassessor und Verdi-gewerkschaftssekretär klar. Kollegen können den Arbeitgeber wohl aber informieren, dass ein Beschäftigter erkrankt ist und nicht zur Arbeit kommt. Gleiches gilt für Familienangehörige.
Eine Krankmeldung kann per Telefon, Mail oder SMS erfolgen, erklärt Windirsch. Wer die Krankmeldung telefonisch durchgibt, lässt im Idealfall den Partner oder eine andere nahe stehende Person zuhören. So kann der Kranke im Zweifelsfall beweisen, dass der Anruf tatsächlich erfolgt ist. „Diejenigen, die eine Mail schicken, rufen am besten noch einmal an, um sicher zu sein, dass die Mail auch angekommen ist“, so Windirsch. Gleiches gilt für eine Krankmeldung via SMS. „Vorsicht ist geboten bei einer Krankmeldung etwa über Whatsapp oder Telegram“, sagt Stach. Denn auch hier gilt: Arbeitnehmer tragen das Risiko einer fehlerhaften Datenübermittlung.
Um welche Krankheit es sich handelt, muss der Arbeitgeber nicht erfahren. „Es gilt der Grundsatz, dass Art und Ursache der Krankheit Privatsache sind“, sagt Stach. Allerdings: „In Ausnahmen kann eine Pflicht zur Mitteilung bestehen“, erklärt Windirsch. Das ist bei ansteckenden Erkrankungen wie etwa Masern, Mumps, Hepatitis B oder Influenza der Fall, bei denen der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Belegschaft treffen muss. „Bei der Frage, ob der Arbeitgeber über die Krankheit informiert werden muss oder nicht, können Arbeitnehmer ihren Hausarzt oder das zuständige Gesundheitsamt zu Rate ziehen“, sagt Stach.
Gegenüber dem Arbeitgeber besteht immer dann eine Anzeigepflicht, wenn ein Infektionsrisiko für Kollegen besteht. Das ist auch bei Covid-19 der Fall. Ausnahme: „War der betroffene Beschäftigte während der Erkrankung zum Beispiel im Home Office und hatte daher keinen Kontakt mit weiteren Beschäftigten, muss die Art der Erkrankung auch nicht gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt werden“, stellt Stach klar. „Eine ärztliche Krankschreibung muss spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber vorliegen“, sagt Windirsch. Wochenenden und Feiertage zählen dabei mit zur Frist.
Es genügt, die Bescheinigung einzuscannen und zu mailen. „Der Arbeitgeber hat allerdings ein Recht auf das Original“, so Windirsch. Das kann ihm aber zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt werden. Der Arbeitgeber kann die Krankmeldung auch früher verlangen, und zwar schon ab dem ersten Tag der Abwesenheit. Besonderheiten können im Tarifvertrag, in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder arbeitsvertraglich geregelt sein.
Darf man während der Arbeitszeit zum Arzt? „Ja, das darf man“, sagt Windirsch. Das gilt vor allem dann, wenn man während der Arbeitszeit erkrankt. Die plötzlich eingetretene Arbeitsunfähigkeit und der Arztbesuch sind dem Arbeitgeber jedoch unbedingt vorher mitzuteilen. „Sonst drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen“, sagt Stach. Eine Erlaubnis des Arbeitgebers zum Arztbesuch ist allerdings nicht erforderlich.
Im Prinzip darf ein Arbeitnehmer auch während der Dauer einer Krankschreibung arbeiten gehen. Denn mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung prognostiziert der Arzt die voraussichtliche Dauer der Krankheit. „Ein Tätigkeits- oder Beschäftigungsverbot ist damit aber nicht verbunden“, stellt Stach klar. Auch der Versicherungsschutz wird hierdurch nicht berührt. Der Arbeitgeber sollte jedoch vorab informiert werden. Bei Erkältungen oder anderen ansteckenden Krankheiten gilt, dass die Beschäftigten erst dann an ihren Arbeitsplatz zurückkehren sollen, wenn keine Ansteckungsgefahr mehr besteht.
Mit Blick auf Corona kann die zuständige Behörde ein berufliches Tätigkeitsverbot laut Infektionsschutzgesetz aussprechen. „Dann ist es Beschäftigten verboten, auch bei guter körperlicher Verfassung vorzeitig an den Arbeitsplatz zurückzukehren“, so Windirsch. „Im Fall einer Quarantäne können Beschäftigte aber unter Umständen im Home Office arbeiten, sobald sie sich wieder arbeitsfähig fühlen“, stellt Stach klar.