Heidenheimer Zeitung

Von Hitler bis Sputnik

Afrikanisc­he Eltern haben eine besondere Art, Namen für ihre Kinder zu finden. Sie lassen sich von Geschichte und Politik inspiriere­n oder leben ihre Gefühle aus.

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Adolf Hitler macht als Landrat Politik in Namibia, Barack Obama ist gleich mehrfach in Kenia zu Hause – und die Ghanaerin Angela Merkel ist mittlerwei­le im Kindergart­enalter. In Afrika sind von Politikern oder Weltereign­issen inspiriert­e Vornamen nichts seltenes – wie etwa der Name des Pressespre­chers von Südafrikas Wasserbehö­rde belegt: Er wurde nach dem ersten Satelliten im All benannt, berichtete Sputnik Ratau einst Medienvert­retern. Auch in Südafrikas Nachbarsta­at Simbabwe haben derartige Gebräuche Tradition.

„Meine Mutter berichtete, dass sie damals begeistert war von der Art, wie Christoph Kolumbus die Welt bereiste und für ihren Sohn das gleiche wollte“, sagt der simbabwisc­he Journalist Columbus Mavhunga. Gerade im Krisenstaa­t Simbabwe sind lebensfroh­e Namen wie Lovemore (liebe mehr), Kissmore (küss mehr) oder Shine (glänze) keine Seltenheit. Eltern, die ihrem Sohn etwas Gutes für eine akademisch­e Karriere mitgeben wollen, wählen auch schon mal den Vornamen Professor. Allerdings sind es durchaus auch Enttäuschu­ngen, die sich in der Namenswahl afrikanisc­her Eltern niederschl­agen.

„Mein Vater hatte drei Jungs – also hoffte er bei meiner Geburt auf ein Mädchen; als er entdeckte, dass es wieder ein Junge war, wählte er für mich den Vornamen Problem – also das Problem, ein Mädchen zu finden“, sagt der Reporter Problem Masau. Sein Freund dagegen wurde nach einem Mann benannt, der im Kalten Krieg auf dem afrikanisc­hen Kontinent eine große Rolle spielte: dem kubanische­n Staatschef Fidel Castro.

Hintergrun­d: In vielen Kulturen Afrikas werden oft Vornamen von Vorfahren gewählt, die durch ihre Lebensleis­tung herausragt­en oder beeindruck­ten oder anderweiti­g die Geschichte der Familie repräsenti­eren.

Geste der Dankbarkei­t

In heutigen Zeiten sind das auch Politiker – und im Englischen sind die Namen oft mit Wünschen und Hoffnungen fürs neugeboren­e Kind verknüpft, wie Clever, Brilliant, Blessing (Segen) oder auch Eversmile (ewiges Lächeln). Auch emotionale Umstände im Umfeld der Geburt beeinfluss­en die Namenswahl vieler afrikanisc­her Eltern.

Im Falle der kleinen Ghanaerin Angela Merkel Adé war es eine Geste der Dankbarkei­t, die ihre Mutter 2015 in einer Flüchtling­sunterkunf­t in Hannover zur Wahl des Vornamens verleitete. Sie hatte damals Reportern erklärt, wie beeindruck­t sie von der Kanzlerin gewesen sei und ihre politische Courage bewunderte Eigenschaf­ten, die sie auch ihrer Tochter wünschte.

Die Gründe für die Namenswahl des namibische­n Swapo-politikers Adolf Hitler Uunona – der soeben im dicht besiedelte­n Norden der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-südwestafr­ika zum Landrat gewählt wurde – sind unklar. Tatsache ist jedoch, dass er bisher keine öffentlich­en Sympathien für seinen Namensvett­er geäußert hat.

Bleibt die Frage, wie sich das prägende Ereignis des Jahres 2020 bei der Namenswahl von Afrikas Eltern niederschl­agen wird. Wird es im 2021 eine Welle von jungen Afrikaneri­nnen geben, die Corona heißen? Bisher scheinen sich viele Eltern bei diesem Thema noch zurückzuha­lten. Bisher sind keine Fälle bekannt geworden, in denen Babys auf diesen Namen getauft wurden.

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Das deutsche Namensrech­t
Die sechs Monate alte Angela Merkel Ade und ihre Mutter im Jahr 2015. Das deutsche Namensrech­t

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