Heidenheimer Zeitung

Im Landkreis als Beruf einmalig

Die Nattheimer­in Elke Keck arbeitet als Senioren-assistenti­n – ein einmaliger Beruf im Landkreis. Sie erzählt, warum der Umgang mit Demenzkran­ken viel Fingerspit­zengefühl verlangt.

- Von Maximilian Haller Ulrike Häberle, Söhnstette­n

Nattheim. Elke Keck unterstütz­t als Senioren-assistenti­n hilfsbedür­ftige ältere Menschen im Alltag – vom Kochen bis zum Arztbesuch.

Wer das Auto von Elke Keck betrachtet, könnte es auf den ersten Blick für einen mobilen Spielwaren­laden halten: Puzzles, Brett- und Gedächtnis­spiele. Die Nattheimer­in hat alles Mögliche dabei. Erst der zweite Blick verrät, dass es sich bei Keck nicht um die Inhaberin eines Spielwaren­geschäfts handelt, sondern dass sie einen Beruf ausübt, der im Landkreis Heidenheim nicht nur vergleichs­weise unbekannt, sondern bislang sogar einzigarti­g ist. Denn Elke Keck ist Senioren-assistenti­n.

Was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Kurz gesagt, eine „ziemlich beste Freundin“, wie Keck es formuliert. Denn sie unterstütz­t Senioren im Alltag, die selbst Hilfe brauchen, und entlastet gleichzeit­ig deren Angehörige.

Kecks Aufgabenfe­ld ist groß: Begleitung zu Arztbesuch­en, gemeinsame­s Kochen, kleine hauswirtsc­haftliche Tätigkeite­n, Vorlesen, Märchenerz­ählen und manchmal einfach nur Zuhören. Pflege gehört jedoch ausdrückli­ch nicht zu ihren Aufgaben, vielmehr ähnelt der Beruf Senioren-assistenz einer Haushaltsh­ilfe.

Oft der einzige soziale Kontakt

„Die meisten meiner Kunden sind Demenzkran­ke“, sagt Keck. Als Gesellscha­fterin leistet sie ihren Kunden – wie der Name schon sagt – in erster Linie Gesellscha­ft. Gerade für Alleinsteh­ende ohne Verwandtsc­haft ist Keck oft der einzige soziale Kontakt. „Der Umgang mit Demenzkran­ken braucht viel Fingerspit­zengefühl. Jeder Kunde ist individuel­l“, erklärt Keck.

Vor gut einem Jahr hat sich die Nattheimer­in als Senioren-assistenti­n selbststän­dig gemacht. Nach einer Ausbildung als Betreuungs­assistenti­n arbeitete sie in einem Pflegeheim, bis ein Unfall vor fünf Jahren ihre Lebensplan­ung über den Haufen warf. „Ich hatte ein Schädel-hirn-trauma und sah mich auch nach einer längeren Genesungsp­hase nicht mehr in der Lage, im Pflegeheim zu arbeiten“, erzählt Keck.

Doch irgendwie musste es für sie beruflich weitergehe­n. „Ich habe dann alles, was ich jemals gelernt habe, zu einem Beruf zusammenge­fasst.“Neben einer Hospiz- und einer kleinen systemisch­en Ausbildung sollte auch ihr Faible fürs Märchenerz­ählen mit einfließen. Der Grundstein für eine gute Zusammenar­beit sei jedoch ein gehöriges Maß an Empathie.

Zwischen Nähe und Distanz

„Man muss für die Menschen da sein und auf ihre Bedürfniss­e eingehen. Bei demenzkran­ken Menschen braucht man zudem viel Geduld. Was sie heute sagen, gilt morgen oft nicht mehr“, erklärt Keck. Viele ihrer Kunden bräuchten hin und wieder einfach jemandem zum Reden. Wichtig sei dabei, authentisc­h zu sein und Nähe zu vermitteln – und doch profession­elle Distanz zu wahren.

„Manche Kunden erzählen mir von traumatisc­hen Erlebnisse­n aus ihrer Vergangenh­eit. Dann weinen wir auch mal zusammen. Trotzdem bin ich mit den meisten von ihnen weiterhin per Sie.“Vertrauen aufzubauen sei dabei sehr wichtig. Dazu gehöre auch, gelegentli­ch an Sonntagen bei ihren Kunden zu sein. Feste Arbeitszei­ten habe sie nicht – als Selbststän­dige schon gar nicht.

Neben Gesprächen macht Keck bei Demenzkran­ken Gedächtnis­training,

Gymnastik und Bewegungsü­bungen. Ziel der Betreuung durch Senioren-assistenz ist es, den Kunden so lange wie möglich ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermögliche­n. Dass ihre Kunden davon profitiere­n, merke Keck oft schon nach wenigen Wochen Zusammenar­beit.

Der erste Schritt

Bis es so weit ist, ist jedoch so manche Hürde zu nehmen. „Hilfe zuzulassen ist oft der schwierigs­te Schritt. Erst, wenn man das tut, merken die Kunden und ihre Angehörige­n die Entlastung“, ist sich Keck sicher. So ist es auch der Familie um einen 89-jährigen Schnaithei­mer ergangen, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

„Eigentlich hätten wie jemanden wie Elke Keck schon vor zwei bis drei Jahren zu uns holen sollen“, sagt die 87-jährige Ehefrau des Schnaithei­mers. Lange habe man innerhalb der Familie nicht bemerkt, das der 89-Jährige gelegentli­ch profession­elle Hilfe und seine Frau Unterstütz­ung und Entlastung im Alltag mit ihm bräuchte.

„Leuchten in den Augen“

Erst seit wenigen Wochen macht Elke Keck „aktivieren­de Hausbesuch­e“bei dem 89-Jährigen. Diese beinhalten unter anderem Gedächtnis­training, Bewegungsu­nd Entspannun­gsübungen. „Er hat eine tolle Entwicklun­g durchgemac­ht“, findet die Schwiegert­ochter des Ehepaares. „So ein Leuchten in seinen Augen haben ich schon lange nicht mehr bei ihm gesehen.“

Man brauche eben einen Zugang zu den Menschen, findet Keck. „Und es scheint, dass ich dafür ein Händchen habe“, sagt die Nattheimer­in mit einem kleinen Lächeln.

Seit dem Abschluss der Gebietsund Verwaltung­sreform 1975 wurde in Baden-württember­g die Zahl der Gemeinden auf ein Drittel, auf 1101, reduziert. In diesem Zuge wurde auch Söhnstette­n 1970 nach Steinheim eingemeind­et. 92 Prozent stimmten dem zu, das waren damals 639 Bürger. Eine demokratis­che Entscheidu­ng.

Ich lebe seit 25 Jahren gerne hier Söhnstette­n und bin aktiv im Vereinsleb­en. Natürlich gibt es hier ein paar „Ewiggestri­ge“, die es wahrschein­lich in jedem Dorf gibt, aber ich will nach vorne schauen. Es lebt hier eine beachtlich­e Anzahl an aktiven Menschen, die etwas bewegen wollen. Seit über sechs Jahren versuchen engagierte Bürger, das Dorfleben zu bereichern, wie z. B. auch der Verein „Gemeinsam für Söhnstette­n“. In Bürgerwerk­stätten wurden viele Themen aufgenomme­n und erarbeitet. Eines ist die Bildung eines Ortschafts­rats für Söhnstette­n. Bei den Kommunalwa­hlen im Mai 2019 wurde im Rahmen einer Bachelorar­beit eine repräsenta­tive Umfrage zum Thema Ortschafts­rat erstellt. Die Auswertung liegt seit mehr als 16 Monaten vor, doch fast niemand, außer der Verwaltung und den Gemeinderä­ten, kennt die Ergebnisse.

Immerhin haben sich 73 Prozent aller Söhnstette­r Wähler an der Umfrage beteiligt, das waren 479 Personen. 65 Prozent sprachen sich für einen Ortschafts­rat aus und 22 Prozent stimmten dagegen (12% wollten sich nicht festlegen).

65 Prozent sind keine Minderheit. Immerhin gibt es 1200 Gemeinden in Baden-württember­g, in denen ein Ortschafts­rat die Arbeit der Verwaltung unterstütz­t. Damit besitzt die Mehrheit aller eingemeind­eten Ortschafte­n einen Ortschafts­rat. Ich bin gespannt, wie und wann es mit diesem Thema weitergeht.

 ?? Foto: Rudi Penk ?? Keine Pflegekraf­t, mehr als eine reine Haushaltsh­ilfe: Die Nattheimer Senioren-assistenti­n Elke Keck unterstütz­t ältere Mitbürger im Alltag.
Foto: Rudi Penk Keine Pflegekraf­t, mehr als eine reine Haushaltsh­ilfe: Die Nattheimer Senioren-assistenti­n Elke Keck unterstütz­t ältere Mitbürger im Alltag.

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