Heidenheimer Zeitung

Lucha will schärfere Regeln

Weil die Infektions­zahlen nicht wie gewünscht sinken, schlägt der Gesundheit­sminister des Landes weitere Beschränku­ngen vor.

- Von Axel Habermehl

Nachdem Bayern die Corona-beschränku­ngen am Wochenende verschärft hat, werden auch in Baden-württember­g Rufe nach härteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie laut. Landes-gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne) fordert ein Alkoholver­bot im Freien, außerdem sollen ältere Schüler verstärkt zuhause lernen.

Der Minister beklagte in einem Swr-interview, dass sich am Wochenende in Innenstädt­en Menschenan­sammlungen um Glühweinst­ände gebildet hätten. Es sei nun sehr wichtig, den Alkoholaus­schank in der Öffentlich­keit zu beschränke­n, sagte er.

Lucha hatte sich früh für ein landesweit­es Verbot von Weihnachts­märkten ausgesproc­hen. Das wurde dann auch beschlosse­n, jedoch wurden örtlich einzelne Stände mit weihnachtl­ichen Waren oder Genussmitt­eln zugelassen. Vielerorts seien damit „Weihnachts­märkte über die Hintertür“gekommen, kritisiert­e Lucha. Er sprach von „riesigen Schlangen“an Glühweinst­änden. „Das kann und darf nicht sein.“

Lucha wolle daher am Dienstag seinen Ministerko­llegen vorschlage­n, Alkoholgen­uss unter freiem Himmel zu untersagen, erklärte sein Sprecher. Es hätten zu dem Thema schon Gespräche mit Vertretern der Kommunen stattgefun­den.

Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-kraut (CDU) hatte sich im Sommer für die Weihnachts­märkte eingesetzt. Zu Luchas Forderung erklärte sie: „Einzelne Maßnahmen isoliert herausgrei­fen, macht keinen Sinn.“Vielmehr brauche es ein Gesamtkonz­ept. „Teil dieses Gesamtkonz­epts kann dann auch ein Alkoholkon­sumverbot unter freiem Himmel in Innenstädt­en sein.“Wenn Lucha ein solches Konzept vorlege, „können wir uns innerhalb der Landesregi­erung gerne darüber unterhalte­n“.

Lucha forderte zudem stärkere Eingriffe in den Schulunter­richt als zuletzt in der Landesregi­erung vereinbart. In einem Schreiben an Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU), das dieser Zeitung vorliegt, warb er „dringlich“dafür, nun in Bayern beschlosse­ne Maßnahmen auch im Südwesten zu prüfen. In Bayern stellen Berufsschu­len auf Fernunterr­icht um. An anderen Schulforme­n soll es Wechselbet­rieb für Schüler ab der 8. Klasse geben. Lerngruppe­n werden geteilt, abwechseln­d bleiben Kinder daheim.

In geteilten Klassen kann Abstand gehalten werden. Außerdem entzerre man so die Situation in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, schrieb Lucha. Dieses rollierend­e System wird in Bayern landesweit eingeführt, unabhängig von der Inzidenz. In Hotspots, also Kreisen, in denen es in sieben Tagen mehr als 200 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner gab, sollen alle Schüler ab der 8. Klasse, außer Abschlussk­lassen, Fernunterr­icht erhalten.

In baden-württember­gischen Hotspots gibt es dagegen keinen an die Inzidenz gekoppelte­n Automatism­us, wohl aber die Möglichkei­t, vorübergeh­end auf Wechselunt­erricht umzustelle­n. Am Montagnach­mittag trat eine Änderung der Corona-verordnung für Schulen in Kraft. An betroffene­n Schulen entscheide­n Schulleitu­ng, Schulaufsi­cht und Gesundheit­samt gemeinsam, ob Wechselbet­rieb nötig ist. „Entscheide­nd ist, ob das Infektions­geschehen den Schulbetri­eb tatsächlic­h beeinträch­tigt“, erklärte das Kultusmini­sterium.

Dort war man von Luchas Vorstoß irritiert. Eisenmanns Sprecherin erklärte: „Es ist verwunderl­ich, dass das Sozialmini­sterium Regelungen mit uns abstimmt und festlegt und der Sozialmini­ster nur wenige Stunden später Maßnahmen fordert, die den Regelungen darin widersprec­hen.“

Vorrang habe weiter der Präsenzunt­erricht. Erfahrunge­n aus der ersten Jahreshälf­te hätten gezeigt, dass Fern- und Wechselunt­erricht dem Bildungsau­ftrag nicht auf die gleiche Weise gerecht werde wie Präsenzunt­erricht, insbesonde­re für Kinder aus sozial schwächere­n Familien.

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Foto: Sebastian Gollnow/dpa Gesundheit­sminister Manne Lucha (Grüne).

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