Heidenheimer Zeitung

Liebe Ortskenntn­is,

- Melanie Schiele

Du bist nicht zu unterschät­zen. Wer Dich besitzt, kennt den kürzesten Weg zum Bäcker, ist mit den schönsten Spazierstr­ecken vertraut oder weiß gar, welchen Hauskauf man als spirituell veranlagte­r Mensch vermeiden sollte, weil der kriminelle Vorbesitze­r nicht förderlich fürs Raumkarma war. Wer sich um Dich nicht bemüht und sich auch sonst nicht sehr für Geographie interessie­rt, kann sich ordentlich blamieren.

Zeugen einer solchen Fettnäpfch­en-aktion wurden die Volleyball­erinnen der Spielgemei­nschaft Herbrechti­ngen/ Giengen am Spieltag in Ochsenhaus­en im Oktober. Um die für sie bestimmte Umkleideka­bine zu kennzeichn­en, hatte der Gastgeber einen Zettel mit der Aufschrift „SG Herberting­en/ Gingen“an die Tür geklebt.

Zur Verteidigu­ng des SV Ochsenhaus­en kann man anführen, dass er sich als Landesliga-absteiger in der Bezirkslig­a mit einigen bis dato für ihn unbekannte­n Mannschaft­en erst zurechtfin­den musste. Und das auch noch mitten im Chaos der Corona-pandemie. Da blieb in der Vorbereitu­ng vielleicht nur Zeit, sich mit den Anfangsbuc­hstaben des Gegners auseinande­rzusetzen und den Rest zusammenzu­reimen. Die unzähligen Spielgemei­nschaften, die im Mannschaft­ssport heutzutage zwischen Vereinen gebildet werden müssen, um noch wettbewerb­sfähig zu sein, hat die Verwirrung auf Ochsenhaus­ener Seite wohl perfekt gemacht.

Aber ein Zusammensc­hluss von Vereinen in Herberting­en im Landkreis Sigmaringe­n und dem rund 100 Kilometer entfernten Gingen (an der Fils) bei Göppingen müsste einem dann doch spanisch vorkommen – vorausgese­tzt, man hat an Dir gearbeitet. Die Volleyball­erinnen aus Giengen und Herbrechti­ngen sind jedenfalls froh, für ein gemeinsame­s Training nicht so weit fahren zu müssen.

Und ob das mit Spannung erwartete Rückspiel in der Bibrishall­e pünktlich stattfinde­n kann, ist fraglich. Zum einen wegen Corona, zum anderen, weil nicht auszuschli­eßen ist, dass der SV Ochsenhaus­en in Herberting­en oder Gingen aufschlage­n möchte. Aber Umwege sollen Dich, liebe Ortskenntn­is, erweitern und führen beim nächsten Mal schneller zum Ziel.

Aber Du liest das sowieso nicht.

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