Eisengießer wünschen sich ein Museum
Königsbronner, Wasseralfinger und Heidenheimer Hüttenwerker ergreifen die Initiative. Die rund 4000 vorhandenen Exponate wie Ofenplatten und Gießereimodelle werden jetzt wissenschaftlich katalogisiert.
Vor 655 Jahren fing die Geschichte der Eisenverhüttung in Ostwürttemberg an. Somit ist der Landstrich im Grunde die älteste Industrieregion der Republik. Die Schwäbischen Hüttenwerke gibt es im ursprünglichen Sinne zwar nicht mehr, dafür sind aber rund 4000 Zeugnisse von menschlicher Arbeit vorhanden, die bemerkenswerte Einblicke in 300 Jahre Kunstguss-geschichte geben können – man muss nur etwas daraus machen. Gedacht wird an ein Museum, für das unter anderem auch Königsbronn als Standort im Gespräch ist.
Die Barbara-zunft der Hüttenleute Wasseralfingen, der Bund für Heimatpflege Wasseralfingen und der Kulturverein Königsbronn sowie das Landesdenkmalamt sind bereits im Boot, die Landräte Peter Polta (Heidenheim) und Dr. Joachim Bläse (Ostalb/aalen) signalisierten Unterstützung. Für das Vorhaben eines Museums, das die Kunstguss-geschichte und die Technikgeschichte präsentiert, „brennt“auch die Wasseralfinger Ortsvorsteherin Andrea Hatam. Allerdings muss sie eingestehen, dass angesichts der finanziellen Folgen der Corona-pandemie dieses Kunstguss-vorhaben in Aalens Stadtpolitik bei weitem nicht an vorderster Stelle steht.
Kunstwerke aus Eisenguss
Eine umfangreiche Ausarbeitung in Sachen Kunstgussplatten, Öfen und Gießereimodelle stellte bei einem Pressetermin im denkmalgeschützten Modellhaus der Hüttenwerke Wasseralfingen der in Heidenheim lebende Zunftmeister der Barbara-zunft Wasseralfingen, Modellbaumeister Helmut Moser, vor: „Eisenverarbeitung auf der Ostalb lässt sich aufgrund von entsprechenden archäologischen Befunden bis in die Eisenzeit, also vor 2750 Jahren, zurückverfolgen. Die Ostalb ist also Innovationsregion der Eisenverarbeitung
von der Keltenzeit bis heute.“
Professor Dr. Dr. Friederich Klein (Aalen) betonte, dass in Wasseralfingen schon Anfang des 19. Jahrhunderts große Anstrengungen zur Co2-reduzierung unternommen wurden, wie sie heute vielfach propagiert wird: „Weltweit werden zur Zeit 1250 Millionen
Tonnen Eisen und Stahl pro Jahr hergestellt. Die Einsparung von 60 Kilo Koks pro Tonne Schmelze spart der Welt heute etwa 75 Millionen Tonnen Koks. Das entspricht 275 Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger in der Luft im Jahr.“
Klein forderte daher, jenem Hüttenwerks- und Bergbauingenieur Friedrich Faber du Faur ein Denkmal zu setzen. Der hatte nämlich erkannt, dass beim Eisenschmelzen viel zu viel Energie ungenutzt durch den Schornstein entweicht und enorme Mengen Holzkohle benötigt werden. Diese Mengen führten dazu, dass auf der Ostalb alle Wälder abgeholzt wurden. Faber du Faur entwickelte ein Verfahren, dass eben die extrem heiße Abluft in den Produktionsablauf zurückgeführt und abermals genutzt wird. So konnte in feuerfest gemauerten Öfen eine Temperatur von 1000 Grad erreicht werden.
Nun trauert man in der Region heute noch dem Niedergang der Hüttenwerke nach. Mit dem letzten Guss am 27. März 2019 in Wasseralfingen endete dort die über 650-jährige Industriegeschichte, betonte Ortsvorsteherin Hatam. Der Pleite der Gießerei SHW-CT im Jahre 2013 war die Finanzkrise 2008/2009 vorausgegangen. 2001 hatte MAN seinen 50-Prozent-anteil an der SHW Gmbh verkauft, die andere Hälfte besaß das Land Baden-württemberg.
Inzwischen ist die Sammlung insofern gerettet, als dass sie nicht mehr Teil der Insolvenzmasse ist. Das 120 Jahre alte Modellhaus steht unter Denkmalschutz und die umfangreiche Sammlung aus Ofenplatten, weiteren Kunstgüssen, den Formen und Öfen gehört dem Land als Nachfolger der Königlich-württembergischen Hüttenwerke.
Dazu das Regierungspräsidium: „Das ist ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung und deshalb im Denkmalbuch des Landes eingetragen worden.“
Bestandsaufnahme geplant
Rolf-dieter Blumer vom Landesdenkmalamt hat die Arbeit bereits aufgenommen und wird umfangreich die Schätze vermessen, fotografieren und katalogisieren. Wie lange dies dauern wird, vermag Blumer noch nicht abzuschätzen. Etwa 600 Exponate seien bereits früher oder inzwischen erfasst worden.
Außer einem Eisenkunst-museum, das auch in Wasseralfingen entstehen könnte, stellt sich Prof. Klein aber auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte und der Technik der Eisenverarbeitung vor. Noch mehr müsse Friedrich Faber du Faur als Erfinder des Wind-erhitzers wieder ins Bewusstsein gebracht werden.
Ulrich Knöller, Vorsitzender des Kulturvereins Königsbronn, sprach davon, dass die Hüttenwerke in Königsbronn Jahrzehnte vor den Kollegen in Wasseralfingen den Kunstguss praktiziert hätten. Als Beispiel wurde die größte Epitaphien-sammlung an der Klostermauer beim Torbogenmuseum Königsbronn genannt. Der historische Flammofen und die Feilenschleiferei seien prächtige Beispiele der Industriegeschichte und erforderten viele Führungen: „Der sehr aktive Kulturverein ist gerne bereit, Rolf-dieter Blumer bei der Bestandsaufnahme der Sammlung zu helfen.“
Blumer sprach im Blick auf Wasseralfingen „von einem Technologiezentrum, dessen Grundsteine vor 650 Jahren gelegt wurden. Das muss wieder für die Öffentlichkeit zugänglich werden.“