Heidenheimer Zeitung

Ungebroche­ne Welle

Die Hoffnungen, mit dem „Lockdown light“die Pandemie in den Griff zu bekommen, waren wohl vergebens. Im Land werden neue Vorkehrung­en getroffen.

- Von Axel Habermehl

Oft hieß es im Sommer aus der Landesregi­erung, einen zweiten Lockdown wolle man vermeiden. Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s sollte mit milderen Maßnahmen eingedämmt werden. Doch nun steht ein neuer, befristete­r Lockdown vor der Tür. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) kündigte ihn an, voraussich­tlich für die Zeit nach den Weihnachts­tagen, Spitzenpol­itiker der CDU stimmten zu. Von 27.12. bis 10.1., wenn Schulen wie Kindergärt­en ohnehin geschlosse­n sind und viele Menschen Urlaub haben, so das Kalkül, könnte man eingreifen, ohne schwerste wirtschaft­liche und soziale Folgen auszulösen. Warum jetzt? Und was ist sonst noch geplant?

Die Zahlen

Nach den bisher letzten Eingriffen der Politik verharrten die Infektions­zahlen einige Zeit auf hohem Niveau. Die Regierunge­n hofften, sie würden sinken – doch das war vergeblich. „Die Zahlen entwickeln sich nicht so, wie wir es erwartet haben“, sagte Kretschman­n. Am Montag wurde in Baden-württember­g mit 152,1 Neuinfekti­onen in den vergangene­n sieben Tagen die landesweit höchste Inzidenz seit Beginn der Pandemie gemessen. Am Dienstag wurde sie noch übertroffe­n. Zudem lag am Montag mit 76 Verstorben­en die Zahl an Toten an einem Tag im Zusammenha­ng mit einer Covid-19-erkrankung auf dem bisherigen Höchststan­d. „Es deutet sich an, dass das exponentie­lle Wachstum zurück sein könnte“, sagte Kretschman­n.

Die „Super-hotspots“

Erst vergangene Woche einigte sich die Landesregi­erung auf eine Strategie zum Umgang mit Kreisen, in denen das Virus sich besonders rapide ausbreitet. Eine Inzidenz von 200 wurde als Grenzwert festgelegt, ab dem örtliche Behörden hart eingreifen sollen. Am Dienstag lagen sieben Kreise über dem Grenzwert. Schon arbeitet die Landesregi­erung an weiteren Regelungen: Kretschman­n kündigte Verschärfu­ngen für Gebiete mit mehr als 300 Neuinfekti­onen an. Härtere

Ausgangsbe­schränkung­en, die Schließung von Einrichtun­gen und Betrieben und die Aufhebung der Präsenzpfl­icht für Schulen, brachte er ins Gespräch. Dabei ist die Präsenzpfl­icht bereits seit Schuljahre­sbeginn aufgehoben.

Das Alkoholver­bot

Es soll schnell kommen, um Menschentr­auben an Glühweinst­änden aufzulösen. Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) hatte ein Konsumverb­ot im Freien am Montag ins Gespräch gebracht. Am Dienstag sagte er, sein Haus prüfe, ein Verbot in die landesweit­e Corona-verordnung aufzunehme­n. Um keine Zeit zu verlieren, forderte er die Kommunen auf, örtlich vorzulegen. „In jüngster Zeit hat Alkoholkon­sum zur wiederholt­en Missachtun­g von Abstandsre­gelungen, zu Gruppenbil­dungen sowie generell zu unverantwo­rtlichem Verhalten geführt“, heißt es in einem Brief Luchas an etliche Empfänger, darunter Kommunalve­rtreter. Er sei dankbar, „wenn Sie bereits vor Verabschie­dung einer entspreche­nden Verordnung­sregelung in Ihren Innenstädt­en und an sonstigen Orten, an denen derzeit Alkohol öffentlich konsumiert wird, durch Allgemeinv­erfügungen ein entspreche­ndes Verbot schnellstm­öglich erlassen“.

Schulen und Kitas

Einrichtun­gen für Kinder und Jugendlich­e sind das letzte, was die Regierunge­n antasten wollen. Sie haben „absolute Priorität“, sagten Kretschman­n und Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) zuletzt oft. Nun kann es in „Hotspots“erneut zu Eingriffen kommen. Seit Montag können Schulleitu­ngen, Gesundheit­s- und Schulämter im Einvernehm­en alle Jahrgänge ab Klasse 8 aufwärts in Wechselunt­erricht beordern, wenn eine Schule in einem Gebiet mit einer Inzidenz über 200 liegt. Voraussetz­ung: Das Infektions­geschehen beeinträch­tigt den Unterricht – was auch immer das bedeuten soll. In den neuen „Super-hotspots“mit Inzidenzen über 300 könnte es „mehr Fernunterr­icht“geben, wie Kretschman­n sagte. Eine Aufhebung der Schulpflic­ht schloss er aus.

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Foto: Marijan Murat/dpa Zurück im exponentie­llen Wachstum? Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne).

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