In der Falle
Den Corona-warnampeln in Deutschland werden bald die Farben ausgehen. Noch dunkelroter lassen sich die Werte der Corona-infektionen kaum noch zeichnen. Deutschland, so scheint es, blickt wieder einmal in den Covid-abgrund. Damit wir nicht hineinstürzen, fleht Kanzlerin Angela Merkel die Deutschen an, sich endlich vernünftig zu verhalten.
Das mag richtig sein, es ist aber auch einigermaßen frech. Die Leute halten sich nicht an die Auflagen?
Kein Wunder, die permanente Katastrophenbeschwörung insbesondere des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder fordert ein derartig wurstiges Verhalten geradezu heraus. Niemand hat auf Dauer Angst vor einem Untergang, der alle paar Tage prophezeit wird und der dann ebenso regelmäßig nicht eintritt.
Was nicht heißen soll, dass die
Lage nicht ernst ist, sondern lediglich, dass Ministerpräsidenten und Kanzlerin falsch damit umgehen. Das beste Beispiel dafür ist der geltende Spaß-lockdown von Kultur und Gastronomie, der aus absehbaren Gründen gescheitert ist.
So passte die immer wieder beschworene Inzidenz von 50 Infizierten auf 100 000 Einwohner in einer Woche vielleicht auf die Lage im September. Dass sie im Winter zwangsläufig überschritten wird, hätte jeder Hausarzt prognostizieren können. Das Ergebnis ist die besagte, tiefrot-alarmierende Deutschlandkarte. Und weil sich diese Zahlen derzeit nicht erreichen lassen, diskreditiert sich jede Maßnahme als wirkungslos – eine selbstgestellte Falle.
Zweitens hat die Regierung nicht genug getan, um die Verbreitung des Virus erforschen zu lassen, etwa in einer breit angelegten Bevölkerungsstudie gleich im Frühjahr. Dass es die Infektionszahlen
senkt, wenn das gesamte Land runterfährt, ist keine Raketenwissenschaft. Doch welche Maßnahmen davon besonders effektiv sind, hat niemand ermittelt.
Wer auch immer drittens auf die Idee gekommen ist, die Weihnachtstage als Zeit der Normalität zu verkaufen, muss spätestens jetzt zurücktreten. Weil dieses schon immer schlecht begründete Vorhaben nun als pompöses, politisches Versprechen im Raum steht, verhindert es eine konsequente Kurskorrektur.
Anders ist die absurde Diskussion nicht zu erklären, nach der einerseit wiederum die Krise ausgerufen wird,
Als ob sich das Virus gedulden würde, bis das Land zwischen den Jahren ohnehin ruht.
andererseits mit weiteren Einschränkungen des öffentlichen Lebens bis nach Weihnachten gewartet werden soll. Als ob sich das Virus gedulden würde, bis das Land zwischen den Jahren ohnehin ruht.
Es stimmt schon, das gesamte Corona-jahr haben die politisch Verantwortlichen in einem permanenten Entscheidungsmodus verbracht. Sie haben stets das getan, was im Augenblick wichtig und dringend war und auf die Tagesordnung drängte. Sie haben aber viel zu wenig Zeit in dem ebenso wichtigen Bereich verbracht, der sich mit strategischer Planung beschäftigt. Diese Atemlosigkeit wird ihnen von der Öffentlichkeit aufgezwungen, auch das ist richtig. Leider war kaum jemand souverän genug, sich davon freizumachen.