Heidenheimer Zeitung

Unterstütz­ung für den Einzelhand­el etwas bescheiden­er

Die Dezemberhi­lfen werden nicht ausgeweite­t. Für andere Branchen gibt es nur Fixkostenz­uschüsse.

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Berlin. „Großzügig und umfassend“seien die Hilfen des Bundes – so verteidigt­e am Montag ein Sprecher des Bundesfina­nzminister­iums die Regelungen für den Einzelhand­el und andere Branchen, die ab Mittwoch schließen müssen. Sie sollen die sogenannte Überbrücku­ngshilfe III erhalten und damit einen Zuschuss zu ihren Fixkosten, der sie bei besonders starken Einbrüchen bis zu 90 Prozent abdeckt.

Er reagierte damit auf die Klage des Einzelhand­elsverband­s HDE, der sich im Nachteil gegenüber Restaurant­s und Gaststätte­n fühlt. Sie bekommen als „Novemberun­d Dezemberhi­lfe“75 Prozent ihres Vorjahresu­msatzes ersetzt, was letztlich sehr pauschal ist – und oft recht großzügig, etwa bei Betrieben mit niedrigen Fixkosten. Dies auch für den Handel zu öffnen – und für Dienstleis­ter von Friseuren bis zu Nagelstudi­os –, lehnte Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) ausdrückli­ch ab. Da half dem Handel auch nicht der Verweis darauf, dass sich mehr als die Hälfte der Innenstadt­händler in Existenzge­fahr sähen. Im Bekleidung­shandel seien es sogar 65 Prozent, führte Hde-hauptgesch­äftsführer Stefan Genth eine Blitzumfra­ge ins Feld. „Bis zu 250 000 Jobs sind gefährdet.“

Dass Scholz und sein Wirtschaft­s-kollege Peter Altmaier (CDU) die Dezemberhi­lfen nicht öffnen wollen, war wohl auch eine Reaktion auf die Kritik des Instituts der deutschen Wirtschaft, die Förderung sei viel zu hoch. Es hatte „Streueffek­te“von knapp neun Milliarden Euro ausgemacht. Das wäre sehr viel Geld angesichts von geschätzte­n Kosten von mindestens 30 Milliarden Euro für die zwei Monate. Für die Überbrücku­ngshilfen für den Handel rechnet Scholz mit monatliche­n Ausgaben von 11,2 Milliarden Euro.

Wie problemati­sch der pauschale Ersatz eines Großteils des Umsatzes sein kann, zeigt ein Blick auf die Juweliere. Heiligaben­d ist für sie oft der umsatzstär­kste Tag des Jahres, weil viele Männer noch in letzter Minute ein Geschenk suchen und dann großzügig zulangen. Das fällt dieses Jahr aus. Doch im Gegensatz zum Textilhand­el, dessen Pullover schnell außer Mode sind, können Schmuck und Uhren auch ein paar Monate später noch verkauft werden, und der reine Materialwe­rt ist hoch.

Mit der Überbrücku­ngshilfe III verspricht Scholz längerfris­tige Planbarkei­t, weil sie Umsatzeinb­rüche von Januar bis Juni 2021 ausgleiche­n soll. Maximal werden 200 000 Euro pro Monat in Aussicht gestellt, „in besonderen Fällen“sogar 500 000 Euro, wobei noch ungewiss ist, wann dies vorliegt.

Deutschlan­d könnte mit der Eu-kommission Probleme bekommen.

Bei solchen Dimensione­n gibt es allerdings schnell Probleme mit der EU. Denn nach deren Beihilfere­cht darf der Bund nur maximal eine Million Euro binnen mehrerer Jahre als „Kleinbeihi­lfe“überweisen. Werden die Fixkosten nachgewies­en, können es bis zu vier Millionen Euro sein. Über höhere Beträge verhandelt Altmaier seit Monaten mit der Eu-kommission – bisher ohne Ergebnis. Brüssel befürchtet wohl, dass es den Wettbewerb verzerrt, wenn sich Deutschlan­d so hohe Hilfen leisten kann. Die Kommission müsse den „enormen Handlungsb­edarf bei vielen Handelsunt­ernehmen in Deutschlan­d“erkennen, sagte Genth unserer Zeitung. „Gerade größere Modehäuser etwa sind mit ihrem Liquidität­sbedarf schnell über den üblicherwe­ise gültigen Grenzen der EU für ihre Hilfen.“

Eine Hilfe für den Einzelhand­el plant die Regierung auch bei den Gewerbemie­ten: Sie will klarstelle­n, dass staatliche Covid-19maßnahme­n eine erhebliche Nutzungsbe­schränkung darstellen können. Dadurch könnten Mieter leichter mit dem Eigentümer über eine Reduzierun­g der Belastung verhandeln. Dies dürfe aber nur greifen, wenn tatsächlic­h coronabedi­ngte Einnahmeve­rluste vorliegen und staatliche Hilfen das nicht ausgleiche­n, forderte der Eigentümer­verband Haus & Grund.

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Foto: © Prostock-studio/ shuttersto­ck.com Der Geschenkei­nkauf auf den letzten Drücker wird dieses Jahr sehr schwierig.
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