Digitaler Parteitag mit Stolperfallen
Die CDU will im Januar endlich einen neuen Chef wählen. Aber ob das gut geht, kann niemand garantieren. Denn neben Corona lauern auch politische und juristische Unwägbarkeiten.
Es dürfte den einen oder anderen in der CDU geben, der sich schon seit Wochen ärgert – und zwar über eine Entscheidung aus dem Sommer. Damals nämlich, Corona befand sich nach einem harten Frühjahr auf dem Rückzug, wurde die Idee wieder fallen gelassen, den wegen der Pandemie abgesagten April-sonderparteitag mit ein paar Monaten Verzögerung nachzuholen. Zu teuer, zu aufwändig und schon zu nah dran am ohnehin geplanten Treffen im Dezember, war damals die Überlegung. Dann aber kam alles anders: Corona kehrte mit Wucht zurück und zerstörte alle Planungen für den Parteitag in Stuttgart. Der hätte vor knapp zwei Wochen stattfinden sollen. Wie schön also wäre es aus Sicht der Christdemokraten gewesen, hätte man mit Masken und Abstand schon im Spätsommer einen neuen Chef gekürt. Und sich so eine Menge Ärger erspart.
Jetzt also muss es online gehen, und das birgt jede Menge Problempotenzial. „Der 33. Parteitag der CDU wird unser erster voll digitaler Parteitag sein“, teilten die Christdemokraten am Montagmittag voller Stolz mit. „Das hat es so noch nicht gegeben“, schob Generalsekretär Paul Ziemiak hinterher. Tatsächlich haben zwar Grüne, CSU und auch die CDU schon digital diskutiert, aber eben noch nie digital einen Vorstand gewählt. Der Grund: Es ist eigentlich gar nicht zulässig.
Ganz ohne Diskussionen fiel die Entscheidung der zuständigen Cdu-gremien nicht. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther meldete Bedenken an, die allerdings eher politischer denn technischer Natur waren. Die CDU könne sich nicht mit sich selbst befassen, während der Rest des Landes unter der Pandemie sowie dem gerade erst verhängten zweiten Lockdown zu leiden habe, so sein Tenor. Er plädierte für eine erneute Verschiebung, fand aber nur wenig Zustimmung.
Eine zweite Parteitagsvariante, die in der Cdu-zentrale ausgearbeitet worden war, wurde angesichts der Pandemie-lage gleich wieder verworfen: Die Idee eines hybriden Treffens nämlich. Das hätte bedeutet, dass zwar nicht wie sonst 1001 Delegierte in einer Halle zusammenkommen, sondern jeweils nur rund hundert an mehreren über die Republik verteilten Orten. Aber angesichts der aktuellen Infektionszahlen konnte das nicht überzeugen.
Jetzt soll es so laufen: Kandidaten, Vorständler und Organisatoren werden in der Messe Berlin sein. Die Delegierten schalten sich digital dazu – und stimmen digital ab. Weil dies aber rechtlich nicht ausreicht, wird das Ganze mit einer Schlussabstimmung per Briefwahl abgesichert. Der neue CDU-CHEF wird also am 16. Januar vermutlich feststehen, als wirklich gewählt gilt er aber erst nach Auszählung der Briefe am 22. Januar.
Und genau hier schlummern auch die Gefahren: Zum einen könnte auch jemand, der bei der Digitalwahl nicht angetreten ist oder unterlegen war, sich auf die Briefwahl-unterlagen setzen lassen. Und zum anderen lauern zwischen Netzstabilität beim Online-parteitag über Ausfälle beim
Digitalvotum bis zum pünktlichen Ankommen der Cdu-briefumschläge jede Menge technischer Fallstricke. Auch wenn die CDU insbesondere auf ihre fälschungssicheren Post-unterlagen besonders stolz ist. „Unsere Wahl ist tausend Mal sicherer als die Briefwahl bei der Bundestagswahl“,
heißt es. Von den drei bekannten Bewerbern hat sich die Noch-parteivorsitzende Annegret Kramp-karrenbauer zudem die Zusicherung geben lassen, „dass sie das Ergebnis einer digitalen Wahl akzeptieren werden“und sich „die beiden unterlegenen Bewerber bei einer abschließenden Briefwahl nicht auf die Stimmzettel setzen lassen werden“.
Die drei Kandidaten, das sind der Ministerpräsident von Nordrhein-westfalen, Armin Laschet, der frühere Bundestags-fraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen. Seit Februar läuft ihr Wahlkampf bereits, der Ausgang gilt derzeit als offener denn je. Am Montagabend sollte ihr erster offizieller Diskussions-dreikampf in der Parteizentrale stattfinden. Natürlich digital.