Heidenheimer Zeitung

Opposition fordert Perspektiv­en

Kretschman­n verteidigt im Landtag den Lockdown. Inhabergef­ührte Geschäfte sollen Landeshilf­e erhalten.

- Roland Muschel

Stuttgart. Die Opposition hat der grün-schwarzen Koalition im Stuttgarte­r Landtag eine Mitschuld für den Anstieg der Covid-19-infektione­n in Badenwürtt­emberg zugeschrie­ben. Spd-fraktionsc­hef Andreas Stoch und Fdp-fraktionsc­hef Hans-ulrich Rülke warfen der Regierung vor, den Sommer „verschlafe­n“zu haben und nicht frühzeitig präventiv tätig geworden zu sein.

Bis heute fehle ein konsequent­es Schnelltes­tsystem in Altenund Pflegeheim­en, sagte Rülke. Stoch forderte: „Es braucht jetzt endlich eine ‚Wenn-dann-strategie’ für das Land.“Die unterschie­dlichen Verlaufsze­narien müssten definiert und die Reaktionen, insbesonde­re für Bildung, Gesundheit und Wirtschaft, benannt werden. „Wir müssen den Menschen Perspektiv­en bieten, auf die sie zuarbeiten können.“

Der Sommer sei von der Landesregi­erung keinesfall­s verschlafe­n worden, sagte Cdulandtag­sfraktions­chef Wolfgang Reinhart. So habe die Koalition in der Zeit die Gesundheit­sämter personell gestärkt und Laptops für Schüler beschafft.

„Wer so tut, als hätte die Politik vor der zweiten Welle die Hände in den Schoß gelegt, der kennt die Lage nur aus den Berliner-talkshow-studios“, sagte Reinhart. Das Virus lehre, dass manche flotte Forderung schnell widerlegt oder überholt sein könne.

Man müsse weiter „auf Sicht fahren“, sagte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Er zeichnete ein düsteres Bild der Lage. „Das exponentie­lle Wachstum ist zurück, das Virus ist stärker denn je.“

Derzeit würden in Badenwürtt­emberg 500 Covid-patienten auf Intensivst­ationen behandelt, so viele wie nie zuvor, sagte Kretschman­n. „Tendenz steigend.“An der Uniklinik Heidelberg seien die Kapazitäte­n bereits zu 90 Prozent ausgelaste­t, an der Uniklinik Freiburg fünf bis zehn Prozent der Mitarbeite­r infiziert.

Angesicht der Entwicklun­g habe er „Gefahr im Verzug gesehen“und deshalb schon vor der Bund-länder-entscheidu­ng am Sonntag auf Landeseben­e die Ausgangssp­erren verhängt, sagte der Ministerpr­äsident. Er könne die Frustratio­n betroffene­r Unternehme­r angesichts der von Mittwoch an wirksamen Schließung­en verstehen. Aber wenn man die Pandemie nicht in den Griff bekomme, seien die wirtschaft­lichen Schäden auf Dauer viel größer.

In der Koalition gibt es Überlegung­en, wie das Land den Geschäften, die nun schließen müssen, helfen könnte. Grünen-fraktionsc­hef Andreas Schwarz stellte den inhabergef­ührten Einzelhänd­lern unterstütz­ende Maßnahmen in Aussicht, Reinhart ein „Neustart“-programm. Er forderte den grünen Sozialmini­ster Manfred Lucha auf, den Geschäften, die nun schließen müssen, Abholangeb­ote wie in der Gastronomi­e zu erlauben.

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Foto: Seb. Gollnow/dpa „Strategie fehlt“: Fdp-fraktionsc­hef Hans-ulrich Rülke.

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