Eine Charakterfrage
Drei Tage nach dem famosen Auftritt in Dortmund geht es schon weiter: Union Berlin kommt. Der Trainer nimmt seine Schützlinge in die Pflicht.
Bloß nicht abheben. So lautet die Devise derzeit beim VFB Stuttgart. Der Aufsteiger hat mit dem famosen 5:1 bei Borussia Dortmund am Wochenende aufhorchen lassen. „Ein besonderes Spiel, ein besonderes Ergebnis, eine besondere Leistung“, sagt Vfb-trainer Pellegrino Matarazzo, um im gleichen Atemzug klarzustellen, dass dieses Spiel bereits Geschichte sei. Die volle Konzentration gelte dem nächsten Gegner, der am Dienstag (20.30 Uhr/sky) in der heimischen Mercedes-benz-arena zu Gast ist: Union Berlin.
Eine Mannschaft, die womöglich schwerer zu knacken sein wird als die momentan vor allem in der Defensive taumelnden Dortmunder. „Wir brauchen am Dienstag eine ähnliche Schärfe und Konzentration in unseren Aktionen, wie wir sie in Dortmund gezeigt haben“, sagt Matrazzo, der seine gefeierten Schützlinge, die den BVB nach allen Regeln der Kunst auseinandernahmen, in die Pflicht nimmt. Er betont: „Wir brauchen Charakter.“
Matarazzo hat Respekt vor Union Berlin, ein Team, das gut verteidige, konterstark sei und spielerisch zu gefallen wisse – auch wenn die Berliner in Stuttgart auf den verletzten Spielmacher und Torjäger Max Kruse verzichten müssen. „Union hat eine klare Spielidee“, findet der Vfb-trainer. Die Berliner stünden nicht ohne Grund recht weit oben in der Tabelle. „Das ist ein sehr gut geführtes, kompaktes Team.“
Nach dem Sieg in Dortmund steht der VFB auf Platz sieben in der Bundesliga-tabelle – ist punktgleich mit dem Sechsten Union Berlin, das über das etwas bessere Torverhältnis verfügt. Stuttgart hat also Tuchfühlung zu den Europapokalplätzen aufgenommen. Doch von derlei Gedankenspielen, etwa einer möglichen Qualifikation für die Europa League, wollen die Verantwortlichen am Neckar nichts wissen.
„Wir beschäftigen uns nicht mit Europa“, sagt Sportdirektor Sven Mislintat klipp und klar. Der 48-Jährige, der seinen im Sommer auslaufenden Vertrag noch nicht verlängert hat, rechnet damit, dass das junge Vfb-team auch mal Rückschläge werde verkraften müssen. Ziel des Klubs bleibe deshalb einzig und alleine der Klassenverbleib.
Trainer Matarazzo lässt durchblicken, dass er seine erfolgreiche Mannschaft möglichst unverändert gegen Berlin auflaufen lassen möchte. Unklar ist lediglich der Einsatz von Abwehrchef Waldemar Anton, dem muskuläre Probleme zu schaffen machen. Ansonsten hat der Coach die Qual der Wahl: Eine Option für die Startelf ist auch wieder Torjäger Nicolas Gonzales, der beim BVB zu einem Kurzeinsatz kam. Spielgestalter Daniel Didavi ist nach einem Muskelfaserrisses in der Hüftmuskulatur ebenso wieder fit wie Verteidiger Konstantinos Mavropanos nach Problemen mit dem Sprunggelenk. Zudem steht Kapitän Gonzalo Castro nach abgelaufener Gelbsperre wieder zur Verfügung.
Die Entlassung seines Kollegen Lucien Favre bei Borussia Dortmund am Sonntagnachmittag nach dem Spiel gegen den VFB keine 24 Stunden zuvor bedauert Stuttgarts Trainer: „Natürlich tut es mir leid, wenn ein Trainerkollege seinen Job verliert. Ich glaube, jeder von uns investiert extrem viel Energie, Fleiß und viel Herzblut in die Aufgabe“, sagt Matarazzo auf Nachfrage. Er fügt jedoch hinzu: „Aber mittlerweile wissen wir, dass es zum Geschäft gehört“.
Wir brauchen eine ähnliche Schärfe und Konzentration wie in Dortmund. Pellegrino Matarazzo
Vfb-coach