Das Jahr 2020 zündet nicht
Das Verkaufsverbot schockt Pyrotechnikhersteller. Sie fordern Hilfen. Im Einzelhandel sind die Lager schon voll mit Raketen und Böllern.
Diese Meldung knallt bei den Pyrotechnikern besonders laut rein: Der Verkauf von Raketen, Böllern und Fontänen vor Silvester ist bundesweit verboten. Begründet wird das damit, dass beim Silvester-feuerwerk eine hohe Verletzungsgefahr bestehe. Die Krankenhäuser aber seien mit Covid-19-patienten schon stark belastet.
Ein Teil des Umsatzes ist in diesem Corona-jahr bereits weggefallen, weil viele Veranstaltungen ausfielen. Hochzeiten zum Beispiel wurden häufig klein gefeiert, da wollten viele kein Feuerwerk. Und nun der neue Lockdown. Dabei sind es auch in normalen Jahren nur drei Tage Ende Dezember, die den Pyrotechnik-herstellern 95 Prozent des Umsatzes bescheren. Seit Sonntagmittag weiß die Branche, dass sie das gesamte Jahr abschreiben kann. 2019 hatte sie noch rund 122 Millionen Euro Umsatz erzielt.
Die Branche reagiert geschockt: „Das am heutigen Tage ausgesprochene Verkaufsverbot wird die Unternehmen hart treffen, im Zweifel droht nun die Insolvenz des gesamten Wirtschaftszweigs“, sagt Thomas Schreiber, Vorstandsvorsitzender des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI). Vor allem, weil die Auslieferung an den Handel bereits begonnen hatte. „Nach der letztwöchigen Entscheidung von Bund und Ländern, Feuerwerk zunächst nicht verbieten zu wollen, haben wir die Hauptauslieferungen begonnen“, sagt Schreiber. Nun stehe der Einzelhandel
vor dem Problem, was mit den Waren geschehen soll.
Der Handelsverband kann die Frage nicht beantworten, da dabei die Vertragsbedingungen ein Rolle spielen. Pressesprecher von Kaufland und Aldi sagen auf Anfrage, dass mit den Lieferanten geprüft werde, wie man mit den bereits bestellten Feuerwerkskörpern umgehe. Die Kundenprospekte jedenfalls seien bereits gedruckt, neue werde es zumindest von Kaufland nicht geben.
„Feuerwerk ist ein Kommissionsgeschäft, am Ende wird der wirtschaftliche Schaden von der pyrotechnischen Industrie getragen werden müssen“, ist sich Schreiber sicher. Er ist auch Geschäftsführer von Weco, dem Marktführer in Deutschland, der einen Großteil des deutschen Handels mit Feuerwerk beliefert.
Verboten sind im Übrigen nur der Verkauf der Ware und das Abfeuern
in Innenstädten und an öffentlichen Plätzen. Feuerwerk auf dem Privatgrund bleibt erlaubt, sollte aber laut Empfehlung der Regierung unterlassen werden.
Online-handel mit Böllern und Raketen ist nach Angaben von Branchenvertretern nicht so ausgeprägt wie bei anderen Waren. Gerade bei größeren Mengen machen die Sicherheitsanforderungen den Versand teuer. Klaus Gotzen. der Geschäftsführer des VPI, wartet noch auf die genaue rechtliche Ausgestaltung der Verordnung, glaubt aber nicht, dass Feuerwerkfans nun auf den Online-kauf ausweichen können.
Wir brauchen gesonderte Hilfsgelder, um 3000 Existenzen in der Branche zu sichern. Thomas Schreiber
Verband der pyrotechnischen Industrie
Keine Überbrückungshilfen
Schreiber stellt nun Forderungen an die Politik. Die Juristen des VPI seien der Ansicht, dass „die Branche aufgrund der Tatsache, dass sie 95 Prozent des Jahresumsatzes im Dezember erwirtschaftet, keine Unterstützung durch die Überbrückungshilfen erhalten“werde, sagt er. Die Hilfspakete seien für die Feuerwerksbranche nicht nutzbar. Er verlangt einen „vollumfänglichen Ausgleich“der durch das Verkaufsverbot entstehenden Umsatzverluste. Diese liegen laut Schreiber im dreistelligen Millionenbereich. „Wir brauchen gesonderte Hilfsgelder, um die 3000 Einzelexistenzen in der Branche zu sichern.“Er vermisst Gesprächsbereitschaft seitens der Politik.
Die Raketen und Böller, die in diesem Jahr nicht verkauft werden, halten bei trockener und kühler Lagerung übrigens bis zum nächsten Silvester.