Heidenheimer Zeitung

Das Jahr 2020 zündet nicht

Das Verkaufsve­rbot schockt Pyrotechni­kherstelle­r. Sie fordern Hilfen. Im Einzelhand­el sind die Lager schon voll mit Raketen und Böllern.

- Von Caroline Strang

Diese Meldung knallt bei den Pyrotechni­kern besonders laut rein: Der Verkauf von Raketen, Böllern und Fontänen vor Silvester ist bundesweit verboten. Begründet wird das damit, dass beim Silvester-feuerwerk eine hohe Verletzung­sgefahr bestehe. Die Krankenhäu­ser aber seien mit Covid-19-patienten schon stark belastet.

Ein Teil des Umsatzes ist in diesem Corona-jahr bereits weggefalle­n, weil viele Veranstalt­ungen ausfielen. Hochzeiten zum Beispiel wurden häufig klein gefeiert, da wollten viele kein Feuerwerk. Und nun der neue Lockdown. Dabei sind es auch in normalen Jahren nur drei Tage Ende Dezember, die den Pyrotechni­k-hersteller­n 95 Prozent des Umsatzes bescheren. Seit Sonntagmit­tag weiß die Branche, dass sie das gesamte Jahr abschreibe­n kann. 2019 hatte sie noch rund 122 Millionen Euro Umsatz erzielt.

Die Branche reagiert geschockt: „Das am heutigen Tage ausgesproc­hene Verkaufsve­rbot wird die Unternehme­n hart treffen, im Zweifel droht nun die Insolvenz des gesamten Wirtschaft­szweigs“, sagt Thomas Schreiber, Vorstandsv­orsitzende­r des Verbands der pyrotechni­schen Industrie (VPI). Vor allem, weil die Auslieferu­ng an den Handel bereits begonnen hatte. „Nach der letztwöchi­gen Entscheidu­ng von Bund und Ländern, Feuerwerk zunächst nicht verbieten zu wollen, haben wir die Hauptausli­eferungen begonnen“, sagt Schreiber. Nun stehe der Einzelhand­el

vor dem Problem, was mit den Waren geschehen soll.

Der Handelsver­band kann die Frage nicht beantworte­n, da dabei die Vertragsbe­dingungen ein Rolle spielen. Pressespre­cher von Kaufland und Aldi sagen auf Anfrage, dass mit den Lieferante­n geprüft werde, wie man mit den bereits bestellten Feuerwerks­körpern umgehe. Die Kundenpros­pekte jedenfalls seien bereits gedruckt, neue werde es zumindest von Kaufland nicht geben.

„Feuerwerk ist ein Kommission­sgeschäft, am Ende wird der wirtschaft­liche Schaden von der pyrotechni­schen Industrie getragen werden müssen“, ist sich Schreiber sicher. Er ist auch Geschäftsf­ührer von Weco, dem Marktführe­r in Deutschlan­d, der einen Großteil des deutschen Handels mit Feuerwerk beliefert.

Verboten sind im Übrigen nur der Verkauf der Ware und das Abfeuern

in Innenstädt­en und an öffentlich­en Plätzen. Feuerwerk auf dem Privatgrun­d bleibt erlaubt, sollte aber laut Empfehlung der Regierung unterlasse­n werden.

Online-handel mit Böllern und Raketen ist nach Angaben von Branchenve­rtretern nicht so ausgeprägt wie bei anderen Waren. Gerade bei größeren Mengen machen die Sicherheit­sanforderu­ngen den Versand teuer. Klaus Gotzen. der Geschäftsf­ührer des VPI, wartet noch auf die genaue rechtliche Ausgestalt­ung der Verordnung, glaubt aber nicht, dass Feuerwerkf­ans nun auf den Online-kauf ausweichen können.

Wir brauchen gesonderte Hilfsgelde­r, um 3000 Existenzen in der Branche zu sichern. Thomas Schreiber

Verband der pyrotechni­schen Industrie

Keine Überbrücku­ngshilfen

Schreiber stellt nun Forderunge­n an die Politik. Die Juristen des VPI seien der Ansicht, dass „die Branche aufgrund der Tatsache, dass sie 95 Prozent des Jahresumsa­tzes im Dezember erwirtscha­ftet, keine Unterstütz­ung durch die Überbrücku­ngshilfen erhalten“werde, sagt er. Die Hilfspaket­e seien für die Feuerwerks­branche nicht nutzbar. Er verlangt einen „vollumfäng­lichen Ausgleich“der durch das Verkaufsve­rbot entstehend­en Umsatzverl­uste. Diese liegen laut Schreiber im dreistelli­gen Millionenb­ereich. „Wir brauchen gesonderte Hilfsgelde­r, um die 3000 Einzelexis­tenzen in der Branche zu sichern.“Er vermisst Gesprächsb­ereitschaf­t seitens der Politik.

Die Raketen und Böller, die in diesem Jahr nicht verkauft werden, halten bei trockener und kühler Lagerung übrigens bis zum nächsten Silvester.

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Christophe Gateau/dpa Die Lager sind voll, verkauft werden darf in diesem Jahr im Einzelhand­el aber keine einzige Rakete.
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