Biden feiert seinen Sieg
Die Wahlmänner hieven mit ihrer Abstimmung den neuen Präsidenten ins Amt. Dieser teilt erst einmal gegen Trump aus.
Washington. Sechs Wochen nach den Us-wahlen hat das Electoral College dem unnötig dramatischen Nachspiel der Wahl ein Ende gesetzt. Während der künftige Präsident Joe Biden, dem nun auch Russland Präsident Wladimir Putin gratuliert hat, in einer kraftvollen und staatsmännischen Rede zur Versöhnung aufrief, weigert sich der amtierende Regierungschef Donald Trump weiter, seine Niederlage einzugestehen. Ihm kehren aber auch langsam Republikaner den Rücken.
In normalen Zeiten ist die Abstimmung im Wahlmännergremium eine reine Formalität. Gespannt hatte die Nation aber dieses Jahr auf die „swing states“Pennsylvania, Michigan, Wisconsin und vor allem das erzkonservative Georgia geschaut. Umso erstaunlicher, dass in dem verrücktesten aller Wahljahre alles so normal verlief. In der Endabrechung stimmte Bidens Vorsprung von 306 zu 232 Stimmen exakt mit dem Wählerauftrag überein.
Als nach 23 Uhr deutscher Zeit Kaliforniens Elektoren den Sieg des Demokraten zementierten, schimpfte Trump immer noch über angeblichen Betrug. Während der scheidende Präsident sein Schicksal nicht wahrhaben wollte, trat der nächste Führer der freien Welt vor die Kameras und feierte die Resistenz des amerikanischen Rechtsstaats. „Nicht einmal eine Pandemie oder der Missbrauch des Amts können die Flammen der amerikanischen Demokratie löschen“, teilte Biden einen von zahlreichen Hieben gegen seinen Vorgänger aus.
Republikaner-front bröckelt
In seiner Rede entlud sich zugleich jener geballte Zorn, der sich seit der Wahl aufgestaut hatte. Biden geißelte die gescheiterten Gerichtsverfahren, mit denen Trump das Ergebnis hatte kippen wollen. Auch ließ er kein gutes Haar an jenen 126 republikanischen Kongressabgeordneten, die sich einer aussichtslosen Klage des texanischen Justizministers angeschlossen hatten. Biden wirkte staatsmännisch, entschlossen und dynamisch, keineswegs wie jener „Schlafmützen Joe“, über den sich Trump lange Zeit mokiert hatte.
Und die Republikaner? Bald nach der Abstimmung im Electoral College begann die Front zu bröckeln. Es begann mit dem Rücktritt von Justizminister William Barrs. Dann zog sich der republikanische Kongressabgeordnete Paul Mitchell aus Michigan wegen Trumps Versuchen, das Wahlergebnis zu kippen, zurück. „Die Partei muss vorrangig für Demokratie eintreten und für unsere Verfassung, nicht für politische Interessen“, sagte er. Auch andere scheinen abtrünnig zu werden. So sagte Trump-anhänger Roy Blunt, Senator aus Missouri, dass mit der Abstimmung „eine verfassungsrechtlich relevante Schwelle überschritten wurde, und nun werden wir Joe Biden als neuen Präsidenten anerkennen“.