Heidenheimer Zeitung

Kaltgestel­lter Warner

Der zuständige Referatsle­iter im Wirtschaft­sressort hatte massive Bedenken und diese nach oben weitergege­ben. Nun stellen sich neue Fragen.

- Von Roland Muschel

Der Untersuchu­ngsausschu­ss zum Expo-debakel hat am späten Dienstagab­end überrasche­nde neue Details zutage befördert. Der Referatsle­iter, der im Wirtschaft­sministeri­ums über ein Jahr für die Begleitung der Pläne für einen Baden-württember­g-pavillon zuständig war, stellte als Zeuge zentrale Einzelheit­en anders dar als seine damalige Abteilungs­leiterin, die heutige Landespoli­zeipräside­ntin Stefanie Hinz.

Nach seinen Angaben hatte der Referatsle­iter gegenüber Hinz und auch der Zentralste­lle des Ministeriu­m massive Bedenken am Agieren der treibenden Kraft hinter den Plänen für einen Baden-württember­g-pavillon auf der Expo in Dubai geäußert, dem damaligen Hauptgesch­äftsführer der Ingenieurk­ammer Badenwürtt­emberg, Daniel Sander. „Mein Fokus war auf Herrn Sander gerichtet, da sah ich das Problem.“Hinz hatte gesagt, sie habe keinen Grund gehabt, den Initiatore­n um Sander zu misstrauen.

Das Millionen-vorhaben, für das nun die Steuerzahl­er geradesteh­en müssen, wurde als Projekt von der Wirtschaft für die Wirtschaft verkauft. Klare Maßgabe sei gewesen, dass das Land das Projekt nur protokolla­risch begleite, hatten Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-kraut (CDU) wie auch Hinz vor dem Ausschuss ausgesagt. Der Referatsle­iter sah sich aber schon früh wiederholt gezwungen, eine Vereinnahm­ung des Landes durch die Initiatore­n zu verhindern.

So monierte er im Januar 2018 die Formulieru­ng „im Auftrag des Wirtschaft­sministeri­ums Badenwürtt­emberg“in einem Konzeptent­wurf der Initiatore­n, die das dann strichen. Im Sommer 2018 erfuhr der Referatsle­iter dann, dass Sander in einem Schreiben an die deutsche Botschaft in Dubai erklärt hatte, „im Auftrag des Landes“zu handeln. Das, sagt der vor dem Ausschuss sicht- und hörbar um die richtigen Worten ringende Zeuge, „hat einen wirklich so ein bisschen fassungslo­s gemacht“. Er habe das Gefühl gehabt, ständig aufpassen zu müssen.

Gegenüber der Zentralste­lle des Ministeriu­ms habe er auch seinen Eindruck zum Ausdruck gebracht, dass eine „andere Kragenweit­e“als er Sander klarmachen müsse, dass es so nicht gehe. Der wendet sich in der Folge indes selbst an die nächsthöhe­re Hierarchie­stufe und bittet Hinz Anfang November 2018, ihn gegenüber Dubai als „Generalkom­missar“für den Pavillon zu bestellen. Der Titel beinhaltet­e nach den Regeln der Expo-macher das Recht, für Baden-württember­g Unterschri­ften zu leisten. Als der Referatsle­iter am 5. November 2018 auf seinem Diensthand­y diese Mail sowie eine Mail aus Dubai liest, die vermuten lässt, dass die Expo-macher das Land als Teilnehmer sehen, versucht er sofort, seine Chefin zu sprechen. Er habe zwei Fragen gehabt, sagt er vor dem Ausschuss. Erstens, ob das Ministeriu­m seine Position in Bezug auf das Projekt geändert habe, und zweitens, ob so nicht ein finanziell­er Anspruch gegen das Land drohe. Beides habe Hinz verneint.

Als Ende November 2018 das Bundeswirt­schaftsmin­isterium Bedenken wegen der Vergabe des Titels Generalkom­missar äußert, sucht er erneut das Gespräch. Dazu kommt es aber nicht. „Ich hatte den Eindruck, dass ich vielleicht auch als Bedenkentr­äger wahrgenomm­en wurde.“Am 9. Januar 2019 habe ihm Hinz dann die Federführu­ng entzogen.

Drei Wochen später kommt es in Dubai zur Unterzeich­nung des Vertrags. Die dort gewählte Formulieru­ng „Baden-württember­g repräsenti­ert von Daniel Sander“, gilt als ausschlagg­ebend für die erst später bei Gutachtern eingeholte Einschätzu­ng, dass nicht die Initiatore­n, sondern das Land Baden-württember­g voll haftender Vertragspa­rtner der Expo-macher sei.

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Foto: Marijan Murat/dpa In der Kritik: die heutige Polizeiprä­sidentin Stefanie Hinz.

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