Liebe Dunkelheit,
es werde Licht! So sprach der Herr zum Auftakt der Schöpfungsgeschichte. Der Mensch hat das noch nicht hören können. Der kam erst ein paar Tage später dran. Aber er hat sich eingefunden in die Scheidung von Tag und Nacht, sich angefreundet mit Licht und Finsternis. Mit letztgenannter freilich etwas weniger. Denn darin gedeihen trübe Gedanken.
Als im 18. Jahrhundert der Geist der Aufklärung sich ausbreitete, da grenzten sich Philosophie und Wissenschaft vom Mittelalter ab, das man als dunkel und finster empfand. Mit der Vernunft kam das Licht. Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Die Worte von Immanuel Kant gelten als Schlüsselsatz der deutschen Aufklärung. Das heißt: Gebrauche Deinen Verstand.
Der nicht minder bekannte Schriftsteller Thomas Mann hat sich in seinem Roman „Der Zauberberg“darüber einen kleinen Scherz erlaubt. Bei ihm sorgt der sterbenskranke Humanist und Literat Settembrini nicht nur durch gescheite Worte für Aufklärung, er schaltet zugleich im Raum das Licht ein.
Platz für solch großes Denken sollen heute Großraumbüros bieten. Um auch in der tiefsten Tiefe des Raums noch klare Gedanken formen zu können, bedarf es des Lichts. Letztes ist künstlich und wird zugunsten der Umwelt und des Klimas per Bewegungsmelder geschaltet. Nur an besetzten Schreibtischen leuchten dann Lampen.
Aber, wo früher die Reihen gefüllt waren, da herrscht seit den Corona-schutzbestimmungen Leere. Homeoffice lautet das Gebot der Vernunft. Es befiehlt den Ausgang des Büromenschen aus seiner angestammten Arbeitswelt. Nur wenige dürfen bleiben.
Und diese sitzen spätestens ab 17 Uhr in der Dunkelheit. Denn wenn niemand mehr da ist, der sich bewegt, dann bleiben alle anderen Lampen aus. Nur die eigene strahlt noch in die Nacht hinein.
Leider, es passt zu den Zeitläuften! Wir haben wieder eine dunkle Zeit. Wir sitzen im Ungewissen. Aber Du liest das ja eh nicht.