Ungewisser Auftakt auf dem Eis
Die höchste Liga Deutschlands startet einen Tag nach Beginn des bundesweiten Lockdowns am Donnerstag in ihre 27. Saison. Die Spielzeit wird von vielen Fragezeichen und Problemen begleitet.
Deutschland schließt ab, die DEL macht auf: Einen Tag nach dem Beginn des harten Lockdowns eröffnet das 228. rheinische Derby die zweimal verschobene Eishockey-saison – mit dem ersten Geisterspiel in der größten Arena Europas. „Es wird ein komisches Gefühl sein“, sagte Kapitän Moritz Müller von den Kölner Haien vor dem Start am Donnerstag (19.30 Uhr/magenta Sport) gegen die Düsseldorfer EG. „Dafür ist die Halle nicht gemacht“, betonte der Nationalspieler, „sie ist gemacht für 18 000 Leute.“Doch Zuschauer gibt es bis auf Weiteres nicht in der 27. Saison der Deutschen Eishockey-liga (DEL), die um ihr Überleben kämpft. Weil die Ticketverkäufe bei vielen Klubs mehr als die Hälfte der Einnahmen ausmachen,
Wenn nicht noch ein totaler Lockdown kommt, schaffen wir das.
Gernot Tripcke
haben sie ihre Etats zusammengestrichen - ligaweit um mehr als 60 Millionen Euro.
Dass in der Coronakrise überhaupt gespielt werden kann, ist vor allem den Spielern zu verdanken: Sie verzichten auf bis zu 60 Prozent ihres Gehalts. „Dieser Weg ist alternativlos“, sagte Müller, der als Vorsitzender der neuen Spielervereinigung Eishockey (SVE) wesentlich zu diesem Kompromiss beigetragen hat.
Dass der Ligabetrieb ausgerechnet dann beginnt, wenn landesweit wegen der hohen Infektionszahlen Geschäfte und Schulen schließen, ist für Müller kein Problem: „Ich gehe meiner Arbeit nach, die ich acht Monate nicht ausüben konnte. Wie andere Menschen auch“, sagte der Silbermedaillengewinner
von 2018: „Es ist ja keine Massenveranstaltung, wir durchlaufen ein sehr umfangreiches Testprogramm.“
Drei Corona-tests in der Woche
Dreimal pro Woche werden alle Spieler, Trainer und Betreuer getestet, damit früh Infizierte erkannt und schnell isoliert werden können. Denn die größte Gefahr droht der DEL, wenn mehrere Mannschaften komplett in Quarantäne müssten. „Wir tun alles, was geht“, sagte Del-geschäftsführer Gernot Tripcke: „Aber es wird nicht ausbleiben, dass Spieler sich anstecken. Wir müssen sehen, dass wir Spielausfälle vermeiden. Unser Interesse ist es, infizierte Spieler frühestmöglich abzusondern und die Quarantäne der ganzen Mannschaft zu vermeiden. Dafür haben wir das Testprotokoll noch dichter gemacht.“
Um Ansteckungen zu verhindern, spielen die 14 Klubs in zwei regionalen Gruppen – mit kürzeren Anreisen und möglichst ohne Hotelübernachtungen. Bislang sind nur die jeweils 24 Spiele gegen die Gegner aus der eigenen Gruppe terminiert. Ob ab März wie geplant noch jeweils zweimal gegen die anderen sieben Klubs gespielt wird, hängt davon ab, wie viele Partien wegen Corona neu angesetzt werden müssen. „Wir müssen flexibel sein und improvisieren“, sagte Tripcke.
Bekommt ein Team allein aufgrund seiner Coronafälle nicht mindestens einen Torwart und neun Feldspieler zusammen, soll das Spiel nachgeholt werden. Fehlen Spieler aus anderen Gründen (Verletzungen oder Sperren), gibt es eine 0:5-Niederlage am Grünen Tisch. Die Tabellen werden anhand des Punkteschnitts pro Spiel erstellt – falls Partien nicht verschoben werden können. Die Play-offs, sonst im epischen „Best-of seven“-modus das siebenwöchige Highlight, werden in maximal drei Spielen entschieden.
Am Ende soll der 100. deutsche Eishockey-meister gekrönt werden - mit einem Jahr Verspätung, nachdem im März die vergangene Saison nach der Hauptrunde abgebrochen worden war. „Wenn nicht noch ein totaler Lockdown kommt, in dem wir gar nicht mehr spielen dürfen, schaffen wir das“, prognostizierte Tripcke: „Wir werden uns durchbeißen – mit viel Improvisation und Innovation.“Auch Müller setzt auf ein Happy End: „Das hoffe ich doch sehr. Aber wer kann das schon sicher sagen.“