Heidenheimer Zeitung

Burgfriede­n in Wolfsburg

Aufsichtsr­at: Vorstandsc­hef Herbert Diess macht weiter, bekommt aber keine vorzeitige Vertragsve­rlängerung.

- Jan Petermann, Marco Engemann/dpa

Wolfsburg. In der „Festung Wolfsburg“ist die Schlacht geschlagen. Vw-konzernche­f Herbert Diess soll weitermach­en – im Streit über einen vorzeitige­n neuen Vertrag ließ ihn der Aufsichtsr­at aber abblitzen. Nach Wochen des Taktierens und der Geheimnisk­rämerei mussten die Kontrolleu­re des weltgrößte­n Autoherste­llers kurz vor der Weihnachts­pause eine weitere Sondersitz­ung einlegen, um das Thema zu entschärfe­n. Die potenziell­e Sprengkraf­t war durchaus groß.

Mit seinem Wunsch, möglichst rasch eigene Kandidaten zur Neubesetzu­ng von Vorstandsr­essorts durchzubri­ngen, hatte Diess das oberste Gremium vor sich her getrieben. Dazu der Plan, mit dem

„Personalta­bleau“auch seine persönlich­e Zukunft bei VW zu verbinden, wie bestimmte Quellen streuten. Auf der anderen Seite, so hieß es, fühle er sich von den Arbeitnehm­er-interessen ausgebrems­t.

Am Ende war es eine riskante Machtprobe. Dabei gibt es jenseits der Stilfragen inhaltlich eigentlich keinen Zweifel daran, dass Diess mit seinem entschloss­enen Umsteuern zu E-mobilität und Digitalisi­erung weiter der passende Vw-chef ist. Nach dem Fast-rauswurf im Sommer – er hatte Aufsichtsr­atsmitglie­dern wegen des Durchsicke­rns von Interna Straftaten vorgeworfe­n – stand er jedoch unter einer Art Bewährung.

Die Führung der Vw-kernmarke musste Diess an Ralf Brandstätt­er abgeben – offiziell, um sich mehr auf den Gesamtkonz­ern konzentrie­ren zu können. Der Kompromiss vom Montagaben­d gibt Diess formal die Rückendeck­ung, die er so offensiv einfordert­e. „Es ist für uns von entscheide­nder Bedeutung, dass Herbert Diess mit seinem neuen Vorstandst­eam diese wichtige Phase des Volkswagen-konzerns weiter prägen wird“, ließ der Porsche/piëch-clan als größter Vw-eigentümer erklären. Die drei Kandidaten Arno Antlitz (Finanzen), Murat Aksel (Einkauf) und Thomas Schmall (Technik) sollen in die Konzernfüh­rung aufsteigen – erst von Februar/märz an hätte darüber beraten werden sollen. Zu einer frühzeitig­en Festlegung auf Diess über April 2023 hinaus, wenn dessen laufender Vertrag endet, verloren die Aufseher indes kein Wort. Hinter den Kulissen heißt es weiterhin, die Frage stelle sich auch gar nicht – und habe sich entgegen Diess Absicht nie gestellt.

Branchenbe­obachter halten die getroffene Sprachrege­lung für sinnvoll. „Ein Bundesliga-verein würde ja auch nicht ohne Not zweieinhal­b Jahre vorher mit dem Trainer verlängern“, meint etwa der Autoanalys­t Frank Schwope von der Nordlb. „Es ist ein Burgfriede­n, bis zum nächsten Konflikt.“

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Foto: Swen Pförtner/dpa Vw-vorstandsc­hef Herbert Diess.

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