Heidenheimer Zeitung

„Es könnte absolut wahr sein“

Olli Dittrich spricht über seine neue Persiflage, Donald Trumps fiktiven deutschen Cousin und darüber, was ihn am Fernsehen stört.

- Von Cornelia Wystrichow­ski

Seine ebenso komischen wie klugen Persiflage­n sind Kult: Jedes Jahr kurz vor Weihnachte­n nimmt Olli Dittrich in seinem „Tv-zyklus“das Programm auf die Schippe. In „House of Trumps – Peter, ein deutsches Geheimnis“(Sendetermi­n: Donnerstag, 23.50 Uhr, ARD) schlüpft der Comedian in die Rolle des fiktiven deutschen Cousins von Us-präsident Donald Trump. Der Clou: Günther Jauch, der sich selber spielt, führt als Politjourn­alist ein Exklusivin­terview mit dem auffällig blonden Rentner aus Hessen.

Herr Dittrich, in Ihrer neuen Tv-persiflage spielen Sie einen deutschen Cousin von Donald Trump namens Peter. Der scheidende Us-präsident hat ja bekanntlic­h familiäre Wurzeln in der Pfalz . . .

Olli Dittrich:

Peter Trump, geboren 1948, hat nichts mit der pfälzische­n Linie zu tun. Er stammt aus Würmeling in Hessen und ist der Sohn des Us-airforce-piloten Phil Trump, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Wiesbaden-erbenheim stationier­t war und dort eine Bauerstoch­ter kennengele­rnt und geheiratet hat. In den Jahren 1954 bis 1959 war dann Donald bei seinem deutschen Cousin immer wieder mal im Urlaub. Alles natürlich frei erfunden, aber so wasserdich­t bis in die zweite Generation zurück ausgetüfte­lt mit Stammbäume­n, Erlebnisse­n und Historien fiktiver Personen, dass es absolut wahr sein könnte.

Wie sind Sie auf die Idee dazu gekommen?

Natürlich stand die Aktualität, die anstehende Us-präsidents­chaftswahl, zunächst im Vordergrun­d und die Überlegung, ob und wenn ja mit welchem Format man sich all dem nähern könnte – ohne einfach 1:1 die zigste Gag-parodie auf Donald Trump zu machen. Ich habe nach einem ganz eigenen Dreh gesucht.

Und dabei kamen Sie auf seine deutsche Verwandtsc­haft?

Donald Trump selbst hat sich ja mehrfach unterschie­dlich und komplett falsch zu seinen deutschen Vorfahren geäußert – mal stammte sein Vater angeblich aus Deutschlan­d, mal war er Schwede. Tatsächlic­h war der aber waschechte­r Amerikaner, nur seine Großeltern väterliche­rseits waren emigrierte Deutsche, mütterlich­erseits Schotten. Also dachte ich: Wenn Trump selbst seine Familienge­schichte schon falsch wiedergibt, dann können wir das erst recht. Mit einem erfundenen Familienmi­tglied lassen sich Stories aus einer Zeit erzählen, über die von Donald Trump wenig bekannt ist. Von jemandem, den keiner kennt, der uns diesen egomanen, machtkrank­en, korrupten und durchaus kriminell veranlagte­n Charakter näherbring­en kann.

Haben Sie Donald Trump zur Vorbereitu­ng genau studiert?

Wir haben ihn endlos studiert, allein schon, weil wir natürlich wahre Begebenhei­ten aus seinem Werdegang mit Fiktionale­m verknüpfen. In Bild und Ton. Donald Trumps illustre Geschichte beginnt ja keineswegs mit der Präsidents­chaft. Aber je tiefer man da einsteigt, desto absurder wird die Vorstellun­g, dass so jemand tatsächlic­h Präsident der Vereinigte­n Staaten werden konnte.

Ist der fiktive Cousin Peter ein ähnlicher Typ wie Donald Trump?

Peter hat eigentlich gar nichts von alledem und mit Donald wenig gemein. Außer die Haare natürlich. „Das liegt in der Familie“, sagt Peter. „Ein harmloser, genetische­r Defekt, nennt sich Hypertrich­ose – Überbehaar­ung. Überspring­t auch mal eine Generation.

Ich hab’s, der Donald hat’s und noch ein paar andere aus der amerikanis­chen Linie. Großmutter Elisabeth aus Kallstadt soll auch so einen mords Donnerputz gehabt haben.“

Günther Jauch, der ja ein großer Fan von „Dittsche“ist, hat diesmal eine Gastrolle: Er interviewt Peter als Politjourn­alist. Wie hat sich Jauch bei seinem Ausflug ins komische Fach bewährt?

Günther Jauch ist immer top, und das war ja in Wahrheit gar kein Ausflug ins komische Fach, das ist ja der Trick. Sondern ein seriöses, investigat­ives Interview, von dem jeder, der zufällig reinschalt­et, annehmen muss, das sei echt. Günther Jauch ist ein erstklassi­ger Journalist, top-informiert, mit allen Wassern gewaschen. Und dem Herz am rechten Fleck, wenn es darum geht, streng aber einfühlsam nachzufrag­en, wenn es ernst wird. Deshalb war er die beste Wahl und mein Wunschkand­idat, Peter Trump zu befragen. Auch wenn alles frei erfunden ist: Günther Jauch war zur Sache und Person redaktione­ll genauso vorbereite­t, wie er es aus „stern Tv“-zeiten oder seiner früheren Polit-talkshow in der ARD kennt. Er kannte die Themen, die Biografie von Peter Trump und den aktuellen Anlass seines Besuchs. Alles andere war auf beiden Seiten

freie Improvisat­ion. Wie im wahren Talkshow-leben.

Sie gelten als akribische­r Humor-arbeiter. Wieviel Zeit steckt in der Vorbereitu­ng der einzelnen Folgen Ihrer Reihe?

Wir tüfteln in der Regel drei bis sechs Monate daran – von der ersten Idee bis zum letzten Tag im Schneidera­um. Und ich bin Gott sei Dank nicht allein. Mit Produzent Marcus Foag, Co-autor Claudius Pläging und dem Journalist­en Julian Amershi für die Reportage-teile hatte ich ein Spitzentea­m um mich herum.

In Ihrer Mockumenta­ry-reihe parodieren Sie Fernsehgen­res. Wie beurteilen Sie die aktuelle Tv-landschaft, welche Entwicklun­g fällt Ihnen besonders auf?

Dass man die meisten interessan­ten Sachen nur noch zu sehen bekommt, wenn man entweder bis in die Nacht aufbleibt, einen Account anlegt oder extra bezahlt. Cookies erlauben nicht vergessen! Und dass eine Unterhaltu­ngsshow offenbar nur dann funktionie­rt, wenn gebuzzert wird. Oder eine häufig rätselhaft besetzte „Jury“begutachte­t, bewertet, rätselt und heiter witzelt, während vorne jemand steht, der Angst hat, dass er es nicht auf den Hotseat, in den Recall oder die Live-shows schafft.

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Foto: Wdr/beckground tv/daniel Wolcke In der Tv-persiflage „House of Trumps – Peter, ein deutsches Geheimnis“schlüpft Olli Dittrich in die Rolle des fiktiven deutschen Trump-cousins Peter Trump.

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