Heidenheimer Zeitung

„Das ist kaum auszuhalte­n“

- Elisabeth Zoll

Für Christen sind die neuen Missbrauch­sund Vertuschun­gsvorwürfe kaum zu ertragen. Das sagt Gudrun Lux (36), Mitglied im Zentralkom­itee der Katholiken.

Frau Lux, Sie engagieren sich in der katholisch­en Kirche. Wie bewerten Sie die Vertuschun­gsvorwürfe gegenüber Kardinal Woelki?

Gudrun Lux:

Ehrlich gesagt, das ist nur einer von vielen Vorfällen, die gerade bekannt werden. Und ich bezweifle, dass Köln da eine herausgeho­bene Position hat. Doch wenn man intranspar­ent agiert, nachdem man ausführlic­h erklärt hat, dass man transparen­t agieren will, wirft das Fragen auf. Mir scheint, dass in Köln mehr juristisch­e Spitzfindi­gkeiten im Fokus stehen als ein konsequent­er Wille zur Aufklärung.

Lassen sich junge Menschen überhaupt noch positiv auf die Kirche ansprechen?

Ich kenne sogar noch junge Leute, die sich in der Kirche engagieren. Doch die fürchterli­chen Berichte aus Speyer, wo in einem Kinderheim der Niederbron­ner Schwestern Nonnen Kinder sexuellen Gewalttäte­rn zugeführt haben sollen, sind grauenvoll. Wir kennen auch aus Oberammerg­au Berichte über Quälereien genau in dieser Gemeinscha­ft. Das ist für Christinne­n und Christen schwer auszuhalte­n. Da fragen sich viele, die noch in der Kirche sind: Will ich noch dabei bleiben und mache ich mich möglicherw­eise mitschuldi­g?

Haben die neuen Vorfälle Ihr Kirchenbil­d erschütter­t?

Die Berichte aus Speyer haben mich schon erschütter­t. Das verlogene Geschwurbe­l mancher Kirchenver­antwortlic­her kann ich nicht mehr hören. Ich fürchte, dass nicht nur in der Kirchenhie­rarchie, sondern auch unter Laien noch viele eine falsche Perspektiv­e haben. Der Schutz der Institutio­n und die Solidaritä­t mit den „Hirten“sind viel stärker verinnerli­cht als die Solidaritä­t mit den Opfern. Diese sind anstrengen­d. Es sind oft gebrochene, schwer traumatisi­erte Menschen. Sie konfrontie­ren uns. An Weihnachte­n ist es leichter, zum Kind in der Krippe zu schauen, als auf Kinder, die gequält wurden. Doch den Blick auf das Schmerzlic­he müssen wir aushalten.

Ist das System Kirche reformierb­ar?

Noch bin ich Teil dieser Kirche und das bedeutet, dass ich noch einen Funken Hoffnung habe. Denn ich kenne natürlich auch viele in der Kirche, die Gutes tun. Doch dieses System will ich gar nicht reformiere­n. Ich will die Kirche und die Botschaft retten und weitertrag­en. Das gelingt nur, wenn wir das jetzige klerikale System mit seinen Männerbünd­en zerstören.

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Foto: Andreas Gregor Gudrun Lux engagiert sich in der katholisch­en Kirche.

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