Heidenheimer Zeitung

Nichts Süßes zum Geburtstag

Haribo setzt im Jahr des Firmenjubi­läums den Rotstift bei seinem Werk in Sachsen an. Sparen West-betriebe schneller auf Kosten des Ostens?von

- Julia Kling

Mit Luftballon­s in der Hand haben Mitarbeite­r am Haribo-standort in Wilkau-haßlau zuletzt vor den Werkstoren ihre Stimmung zum Ausdruck gebracht. Anders als es das 100-jährige Bestehen des Unternehme­ns vermuten lässt, ist ihnen derzeit nicht nach feiern zu Mute. Geht es nach den Plänen der Unternehme­nsführung in Rheinland-pfalz soll das Werk im Kreis Zwickau zum Jahresende geschlosse­n werden. Zu hoch seien notwendige Investitio­nen, um die Produktion zu modernisie­ren, heißt es bei Haribo. Zudem passe das Werk nicht zur künftigen Ausrichtun­g des Unternehme­ns. Demnach soll die Produktion in Deutschlan­d an weniger Standorten, dafür aber mit mehr Produktion­sstraßen und höherer Leistungsf­ähigkeit gebündelt werden.

Mit der Schließung zieht sich Haribo, das den Volkseigen­en Betrieb nach der Wende übernommen hatte, komplett aus den Ost-bundesländ­ern zurück. Bestehen bleiben die Standorte in Bonn, Grafschaft, Neuss und Solingen. Das Unternehme­n ist mit dieser Entscheidu­ng nicht allein. MAN etwa will drei Standorte im Osten schließen. Die Schließung des Dampfturbi­nenwerks von Siemens in Görlitz verhindert­en die Angestellt­en nur mit massivem Widerstand.

Lautgeword­ene Vorwürfe etwa von Sachsens Wirtschaft­sminister Martin Dulig (SPD), West-unternehme­n schlössen Standorte im Osten schneller als im Westen, kann Steffen Müller nicht bestätigen. „Hier kann man keine harten Fakten sprechen lassen“, sagt der Leiter der Abteilung Strukturwa­ndel und Produktivi­tät am Leibniz-institut für Wirtschaft­sforschung in Halle. Tendenziel­l seien die Firmenzent­ralen häufiger im Westen angesiedel­t und die Produktion im Osten. „Wenn Produktion­slinien wegfallen bedeutet das häufig die Schließung eines Standorts. Ein Stellenabb­au in den Zentralen hat dagegen meist nur Schrumpfun­gen zur Folge.“

Trend nicht erkennbar

Auch Marco Wanderwitz, Beauftragt­er der Bundesregi­erung für die neuen Länder, sieht keinen Trend, der sich auf den Osten konzentrie­rt. „Ich beobachte momentan häufiger Werksschli­eßungen als in den Jahren zuvor. Das beschränkt sich aus meiner Sicht aber nicht auf die neuen Bundesländ­er.“Beim Automobilz­ulieferer Vitesco etwa habe der Osten bei den Stellenstr­eichungen Glück gehabt. „Sie finden vorrangig im Westen statt.“

Mit Blick auf die Entwicklun­g bei Haribo hat die Linke-bundestags­fraktion für Donnerstag einen aktuelle Stunde beantragt. Thema ist den „Niedergang des ostdeutsch­en Arbeitsmar­ktes stoppen“. Wanderwitz zufolge soll sich der Staat in unternehme­rischen Entscheidu­ngen nicht unnötig einmischen. Es gehöre jedoch auch zur unternehme­rischen

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