Heidenheimer Zeitung

Weihnachts-gottesdien­st in der Kirche?

Geschäfte sind geschlosse­n, Opernhäuse­r, Stadien, Kinos auch. Gottesdien­ste in Kirchen sind aber erlaubt. Zu Recht?

- Stefan Kegel Vizebürole­iter Berlin Dieter Keller Korrespond­ent Berlin

ist Weihnachte­n das zweite große, zentrale Fest der christlich­en Kirchen. Und nachdem schon das vergangene Osterfest unter Corona-vorschrift­en gelitten hat, sehnen sich viele Christen nach dem Zusammenha­lt im Glauben, auch nach physischer Nähe zu Gleichgesi­nnten.

Insofern kann man den Wunsch vieler Gläubiger verstehen, den Weihnachts­gottesdien­st in der Kirche zu feiern, vor dem Altar, mit Kerzen, Orgelmusik und Posaunench­or. Ein

Licht, ein Halt, ein Verschnauf­en inmitten des Corona-wahnsinns. Gerade für Menschen, die aus Rücksicht oder aufgrund der Corona-vorschrift­en dieses Weihnachte­n nicht im großen familiären Kreis verbringen können, sind solche Momente des Trostes wichtig.

Viele Kirchen haben ihre Veranstalt­ungen bereits nach draußen verlegt, dorthin, wo es wahrschein­lich kalt und möglicherw­eise verregnet, die Ansteckung­sgefahr aber deutlich geringer ist. Andere bieten Online-gottesdien­ste an. Das zeugt von großem Verantwort­ungsbewuss­tsein.

Dennoch sollte niemand diejenigen Kirchen verurteile­n, die unter strikter Einhaltung der Corona-vorgaben einen Gottesdien­st unter dem Kirchendac­h planen; eng gefüllte Gotteshäus­er kann es unter den gegenwärti­gen Umständen ohnehin nicht geben.

Auch diese Kirchen bieten jenen, die auf unterschie­dliche Weise unter der Krise leiden, ein Hoffnungsz­eichen. Und nach zehn Monaten Erfahrung mit der Pandemie dürfte jedem, der einen geschlosse­nen Raum betritt, das Prozedere klar sein: Maske, Abstand und kein Gesang. Denn letztlich sind Rücksichtn­ahme und die Sorge um das Wohlergehe­n des Nächsten ein urchristli­ches Gebot.

so voll wie an Weihnachte­n, selbst wenn schon in den vergangene­n Jahren mancher Platz frei blieb. Auch Menschen, denen der christlich­e Glaube sonst eher fern liegt, suchen an den Feiertagen Ansprache, Nähe und Besinnlich­keit. In diesem Jahr dürfte allerdings Corona einen dicken Strich durch diese Hoffnung machen, und es fragt sich, ob es nicht klüger ist, auf den Gottesdien­stbesuch zu verzichten.

Abstand, Maske, kein Gesang – schon an normalen Sonntagen sind Gottesdien­ste unter Corona-bedingunge­n eher belämmernd als erbauend. Wie soll das erst an Weihnachte­n aussehen, wo Singen, der volle Orgelklang und bei Katholiken auch Weihrauch einfach dazugehöre­n? Dafür drohen kalte Kirchen, weil die Umluftheiz­ung die Viren besonders gut verteilen würde, weite Abstände und kein Gemeindege­sang. Oder gar Kurzgottes­dienste im Freien, und der Wetterberi­cht droht auch noch Regen an. Zumindest für Ältere ist das pures Gift, und auch Jüngere können in ihren hohen Erwartunge­n eigentlich nur enttäuscht werden. Von Feierlichk­eit keine Spur.

Viele Gemeinden geben sich alle erdenklich­e Mühe mit Hygienekon­zepten und angepasste­n Gottesdien­stformen. So anerkennen­swert das ist – das Weihnachts­erlebnis lässt sich so nicht heraufbesc­hwören. Es ist für viele besser, kein Risiko einzugehen, sich selbst oder andere anzustecke­n, und in diesem Jahr zu Hause zu bleiben. Das Licht der Weihnacht lässt sich auch auf anderen Wegen erleben und weitergebe­n. Das wäre allerdings einfacher, wenn das Gottesdien­stangebot des öffentlich-rechtliche­n Fernsehens mit Ausnahme von Heiligaben­d nicht so lausig schlecht wäre.

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