Stiller Anführer
Trotz des 0:1 in Wolfsburg: Die Abwehr des Aufsteigers gewinnt an Stabilität – dank Dreierketten-chef Waldemar Anton.
Bei der Familie Anton im Stuttgarter Zentrum steht am liebsten der Mann hinterm Herd. Kochen ist sein Hobby und dient der Entspannung – seine Spezialität sind Steaks mit Kartoffeln, gebraten oder aus dem Ofen. Gerne auch mal in der Süßkartoffel-variante, wie Waldemar Anton berichtet. Nicht nur in der heimischen Küche ist der 24 Jahre alte Vater einer kleinen Tochter der Chef – sondern auch in der Abwehr des VFB Stuttgart. Im Sommer war er für eine Ablöse von vier Millionen Euro von seinem Heimatklub Hannover 96 zum Aufsteiger gewechselt, bei dem er seither erfolgreich jene Rolle einnimmt, die dem U21-europameister von 2017 auch zugedacht war. Am Ende dieses Jahres liegt es auch an ihm, dass der VFB Stuttgart einen recht komfortablen Vorsprung auf die Abstiegsränge hat.
Die bislang letzten Zähler, die bei den Siegen gegen Werder Bremen (2:1) und Borussia Dortmund (5:1) sowie dem Remis gegen Union Berlin (2:2) hinzugekommen sind, waren nicht zuletzt der sehr stabilen und kompakten Defensivleistung unter Antons Regie zu verdanken.
Das sieht auch Vfb-sportdirektor Sven Mislintat so. Er sagt trotz der 0:1-Niederlage beim VFL Wolfsburg am Sonntag: „Wir haben eine ganz starke Abwehrreihe mit Spielern, die sich hervorragend ergänzen.“Waldemar Anton im Zentrum, der junge Grieche Konstantinos Mavropanos rechts und Marc Oliver Kempf links – das ist die Parade-dreierkette, die aber bisher nur fünf Mal in der Saison gemeinsam auf dem Platz stand. Mavropanos ist Spezialist in kompromisslosen Zweikämpfen, am Boden wie in der Luft. Kempf, im Vorjahr immerhin noch Kapitän und seit Wochen in konstant guter Form, scheut ebenfalls kein direktes Duell und beherrscht auch noch den langen Diagonalpass.
Der gepflegte vertikale Flachpass gehört nicht zu den Stärken Antons, der als zentraler Mann für die Organisation des gesamten Defensivverbunds zuständig ist. Ein zurückhaltender, fast schüchterner Zeitgenosse ist der gebürtige Usbeke neben dem Spielfeld – auf dem Rasen agiert er lautstark. „Es gehört zu meinen Aufgaben, viel zu ordnen und zu reden“, sagt Anton über die Rolle, die der Neuzugang vom ersten Tag an angenommen hat. „Wenn man auf dem Platz steht, spielt es weniger eine Rolle, ob man schon zehn Jahre dabei ist oder gerade erst hinzugekommen ist.“Bei Hannover 96 wurde ihm mit 22 Jahren die Kapitänsbinde übertragen, er war der mit Abstand jüngste Spielführer in den beiden ersten Ligen. Beim VFB läuft der Vertrag des erklärten Wunschspielers von Sportdirektor Sven Mislintat noch bis 2024.
Nach den mutigen, offensivfreudigen Auftritten zum Saisonauftakt hat Trainer Pellegrino Matarrazzo seinem Team unter anderem in Bremen eine verhaltenere Spielweise verordnet. „Es ist wichtig, auch auf eine solche Art des Fußballs zurückgreifen zu können“, sagt Anton dazu.
Vor dem Spiel in Dortmund sagte er: „Wir wollen auch dort gewinnen.“Es waren forsche Töne, denen er und seine Mitspieler Taten folgen ließen. Das Selbstvertrauen der Stuttgarter ist in den bisherigen Spielen stetig gewachsen, was auch am guten Mannschaftsgeist und der Stabilität in der Defensive liegt.
Trotz des 0:1 in Wolfsburg: Es hat sich Zuversicht breitgemacht beim VFB. Das soll am Mittwoch in der zweiten Runde des DFB-POkals (20.45 UHR/ARD/SKY) auch der SC Freiburg spüren, gegen den der VFB zum Saisonauftakt in der Bundesliga mit 2:3 verlor.