Passionierte Reiterin und Romanautorin
Vor 28 Jahren zog Sabrina Kiefner aus, die Welt zu entdecken. Zunächst landete sie in Lothringen. Heute lebt sie mit ihrem Mann an der Atlantikküste und schreibt Romanbiografien.
Immer wenn Sabrina Kiefner mal wieder in den Landkreis Heidenheim zurückkehrt, befällt sie eine gewisse Wehmut. „Auch nach einem halben Leben im Ausland verspüre ich diese Nostalgie des Heimkehrers, der spürt, wie er mit dieser schroffen, aber herrlichen Gegend und ihren Menschen verwachsen ist“, beschreibt Kiefner ihre Empfindungen, die sie vor allem mit ihrer Heimatstadt Herbrechtingen verbindet.
Denn Herbrechtingen war für viele Jahre ihr Lebensmittelpunkt. Aufgewachsen ist Sabrina Kiefner hier im Kreise ihrer sechsköpfigen Familie, ihr Vater Peter war 24 Jahre lang Bürgermeister in der Buigenstadt. Sabrina Kiefner erinnert sich noch gut an diese Zeit: „Er las uns Kindern manchmal seine frisch verfassten Reden vor, bevor er diese in der Öffentlichkeit hielt.“
Regelmäßige Besuche
Auch sonst sei vieles hängengeblieben, für gewöhnlich komme sie ein- bis zweimal im Jahr nach Herbrechtingen zu Besuch, um ihre Eltern und Geschwister sowie Freunde und Bekannte zu besuchen. „Leider ist in diesem seltsamen Jahr nichts wie sonst und manches Wiedersehen musste aus den allgegenwärtigen Gründen abgesagt werden“, bedauert sie. „Hoffen wir auf Besserung im neuen Jahr.“
Trotz der nach wie vor engen Beziehung zur alten Heimat genießt Sabrina Kiefner ihr Leben
in Frankreich in vollen Zügen. Dabei hatte ihr einst ihr erster Französischlehrer am Gymnasium prophezeit, sie würde die Sprache niemals richtig lernen. Sicherlich sei sie dem französischen Charme verfallen, dem Flair des Küstenstädtchens La Rochelle und der lockeren Lebensart der Franzosen, dem berühmten Laisser-faire.
Vor allem aber fasziniere sie die Vielseitigkeit des Landes, von den Alpengipfeln im Südosten bis zu den Klippen der Normandie im Nordwesten. „Die Atlantikküste hat es mir besonders angetan. Und da mein Portugiesisch fast
so miserabel war wie meine Spanischkenntnisse, kam eben nur Frankreich infrage“, sagt sie lachend.
Mit ihrem Mann lebt die 52-Jährige seit einigen Jahren in Sainte Radégonde unweit der Atlantikküste. Ursprünglich nach Frankreich ausgewandert ist Sabrina Kiefner bereits 1992, also zu einer Zeit, als ihr Vater noch in Herbrechtinger Bürgermeisterehren war. Der erste Schritt ihres neuen Lebens führte sie dabei nach Lothringen, dort entdeckte sie auf einer Wochenendreise zufällig ein restaurationsbedürftiges, traumhaft gelegenes Bahnwärterhäuschen.
Und fasste den Entschluss, diese glückliche Fügung zu nutzen und auszuwandern. „Man wandert ja immer mit großen Erwartungen und einem gewissen Positivismus aus. Nicht aber mit dem festen Vorsatz, sein ganzes Leben im Ausland zu verbringen.“Es kam dann eben doch – wie so oft im Leben – anders, als man denkt.
In ihren ersten Jahren in Lothringen war Sabrina Kiefner dann auch erst mal im Immobiliengeschäft tätig, die einst gegründete Immobilienfirma gibt es noch heute, diese hat sich auf die Vermietung von Ferienwohnungen spezialisiert. Als Fremdsprachenkorrespondentin lehrte sie an öffentlichen und privaten Hochschulen, arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Übersetzerin – und verwirklichte sich ihren Kindheitstraum: Reitlehrerin zu werden. Nicht nur gibt die passionierte Reiterin in Reitkursen ihr Wissen weiter. Als Mitglied des französischen Damensattelvereins schreibt sie auch regelmäßig für die Vereinszeitschrift Artikel über die Geschichte des Reitens – und entdeckte so ihre Liebe zum Schreiben. „Ich glaube ja, dass das Leben die besten Geschichten schreibt“, sagt sie.
Mittlerweile ist Sabrina Kiefner auch Autorin von Historienromanen. Die beiden Bände ihres Erstlingswerks „Celeste“sind erst in französischer Sprache erschienen und lösten so viele positive Reaktionen aus, dass die 52-Jährige entschied, den ersten Band in ihre Muttersprache zu übersetzen. Nun hätten auch die Menschen in ihrer alten Heimat die Möglichkeit, die „dramatische und authentische Lebensgeschichte einer Amazone zur Zeit der französischen Revolution“kennenzulernen.
Authentisch oder Legende?
Das verworrene Schicksal ihrer Romanheldin habe sie dazu inspiriert, sich noch tiefer in die Materie einzuarbeiten, so Kiefner. Nachdem sie in einer Ausstellung einen Kupferstich von dieser Dame gesehen habe, habe sie erfahren wollen, ob die Kampfszene authentisch ist oder ob es sich bei dieser Kriegerin im Damensattel um eine Legende handelt.
Bei anfänglichen Recherchen im Internet sei sie dann auf gegensätzliche Auskünfte gestoßen, etwa unterschiedliche Geburtsdaten. Als Kiefner dann herausfand, dass Céleste de Bulkeley bei mehreren Schlachten mitgewirkt hat, begann sie, in den regionalen Archiven nachzuforschen. „Eine Manuskriptsammlung aus dem Jahre 1793, die auf mysteriöse Weise mehrere Revolutionen und Kriege überdauert hat, gab letztendlich für mich den Ausschlag dazu, Celestes Geschichte zu erzählen“, so Kiefner.
„Gott und der König“, der erste Teil des aus zwei Bänden bestehenden Historienbands, erschien in Frankreich im Oktober 2019, Band zwei, „Das Manuskript der Amazone“, folgte im April dieses Jahres. Damit nicht genug: Die positive Resonanz auf „Celeste“gab den Ausschlag, in diesem Jahr einen weiteren Historienroman zu verfassen. Für „Sturzflug“nahm sie mit Melitta Gräfin von Stauffenberg eine echte Flugpionierin ins Visier, die als erste Frau im damaligen Deutschen Reich den Segelflugschein erwerben und sich im Kunstflug einen Namen machen konnte. „Diese vergessenen Frauen wie Melitta von Stauffenberg und Celeste sind es, denen ich eine Stimme geben möchte“, sagt Sabrina Kiefner. „Mein deutsch-französischer Lebenslauf hat sicherlich zur Entstehung dieses Romans beigetragen“, sagt Kiefner. Und es dürfte sicherlich nicht der letzte gewesen sein.