Kein Grund zum Feiern
Der Brexit-schock zur Jahreswende ist abgewendet. Kurz bevor die Brexit-übergangszeit nächsten Donnerstag endet, haben sich Großbritannien und die EU noch auf einen umfassenden Vertrag vor allem zu Handelsfragen verständigt. Auch künftig null Zölle, null Kontingente, kein Standarddumping – die Wirtschaftsbeziehungen bleiben auf solider Grundlage. Alles andere wäre auch unverantwortlich gewesen, gerade jetzt: Großbritannien und die EU werden mit den Folgen der Corona-krise noch lange zu kämpfen haben.
Nun auch noch ein Handelschaos zu riskieren, hätte an politischen Wahnsinn gegrenzt. Nicht nur wegen des unmittelbaren wirtschaftlichen Milliardenschadens, den ein harter Bruch mit Zöllen auf praktisch alle Waren im neuen Jahr verursacht hätte. Auch die politischen Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Kontinent wären wohl für Jahre vergiftet gewesen. Es ist mehr als beunruhigend, dass Brüssel und London trotzdem monatelang auf den Abgrund zutaumelten und erst im letzten Moment kehrt machten.
Die größeren Zugeständnisse hat am Ende wohl Großbritannien machen müssen. Dennoch sollte man sich in der EU keinen Illusionen hingeben. Nicht nur der Handel mit dem Drittstaat Großbritannien wird trotz Vertrag jetzt komplizierter. Die britische Regierung wird ihren Bürgern beweisen wollen, dass sich der Brexit doch irgendwie lohnt, obwohl alle Wirtschaftsprognosen dagegen sprechen. Das riecht nach weiteren Konflikten. Auch wenn beide Seiten ihre neu begründete Partnerschaft beschwören: Es gibt keinen Grund zum Feiern. Auf gute Beziehungen sollte vorerst niemand bauen.