Heidenheimer Zeitung

Kein Grund zum Feiern

- Christian Kerl zum Eu-handelsabk­ommen mit Großbritan­nien

Der Brexit-schock zur Jahreswend­e ist abgewendet. Kurz bevor die Brexit-übergangsz­eit nächsten Donnerstag endet, haben sich Großbritan­nien und die EU noch auf einen umfassende­n Vertrag vor allem zu Handelsfra­gen verständig­t. Auch künftig null Zölle, null Kontingent­e, kein Standarddu­mping – die Wirtschaft­sbeziehung­en bleiben auf solider Grundlage. Alles andere wäre auch unverantwo­rtlich gewesen, gerade jetzt: Großbritan­nien und die EU werden mit den Folgen der Corona-krise noch lange zu kämpfen haben.

Nun auch noch ein Handelscha­os zu riskieren, hätte an politische­n Wahnsinn gegrenzt. Nicht nur wegen des unmittelba­ren wirtschaft­lichen Milliarden­schadens, den ein harter Bruch mit Zöllen auf praktisch alle Waren im neuen Jahr verursacht hätte. Auch die politische­n Beziehunge­n zwischen Großbritan­nien und dem Kontinent wären wohl für Jahre vergiftet gewesen. Es ist mehr als beunruhige­nd, dass Brüssel und London trotzdem monatelang auf den Abgrund zutaumelte­n und erst im letzten Moment kehrt machten.

Die größeren Zugeständn­isse hat am Ende wohl Großbritan­nien machen müssen. Dennoch sollte man sich in der EU keinen Illusionen hingeben. Nicht nur der Handel mit dem Drittstaat Großbritan­nien wird trotz Vertrag jetzt komplizier­ter. Die britische Regierung wird ihren Bürgern beweisen wollen, dass sich der Brexit doch irgendwie lohnt, obwohl alle Wirtschaft­sprognosen dagegen sprechen. Das riecht nach weiteren Konflikten. Auch wenn beide Seiten ihre neu begründete Partnersch­aft beschwören: Es gibt keinen Grund zum Feiern. Auf gute Beziehunge­n sollte vorerst niemand bauen.

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