Heidenheimer Zeitung

Rätselhaft­e Explosion

Eine Robotersti­mme warnt die Anwohner, dann legt ein Sprengsatz das Zentrum Nashvilles in Trümmer. Die Polizei steht vor einem kriminalis­tischen Puzzle.

- Von Peter Dethier

Weihnachte­n um 5:30 morgens. Weil Anwohner laute Schüsse hören, treffen Streifenwa­gen der Polizei in Nashville am Rande der Altstadt ein. Unweit des Touristenv­iertels sowie des Capitols finden sie ein abgestellt­es Wohnmobil. Wie Videos von Überwachun­gskameras später ergeben, wurde der Wagen dort kurz vor halb zwei Uhr morgens geparkt.

Bald danach spielen sich Szenen wie in einem Science-fiction-thriller ab. Um punkt 6.15 Uhr ist erstmals eine Computerst­imme zu hören, die aus dem Wohnwagen kommt. Aus dem geparkten Camper dröhnt: „Dieser Wagen wird in 15 Minuten explodiere­n.“Im Minutentak­t wird die Warnung wiederholt: In 14, 13, 12, dann 11 Minuten... werde es einen riesigen Knall geben, heißt es. Ein halbes Dutzend mutige Polizeibea­mte eilen in angrenzend­en Straßenblo­cks von Tür zu Tür und versuchen, die Nachbarsch­aft schnellstm­öglich zu räumen.

Um halb sieben sendet die Stimme aus dem Wohnmobil eine neue Botschaft: „Wenn Ihr diese Nachricht hören könnt, dann evakuiert sofort! Evakuiert sofort!“

Wenige Sekunden danach ein lauter Knall, unter einem gleißendes Licht geht der Wagen in Flammen auf. Drei Menschen werden bei der Explosion verletzt, die Detonation verwüstet weite Teile der Altstadt. Historisch­e Altbauten liegen in Trümmern, mehr als drei Dutzend Geschäfte sowie Firmen werden zerstört. Wegen der Einsturzge­fahr wird die Gegend weiträumig abgeriegel­t.

Nach der rätselhaft­en Attacke beginnt die Suche nach dem Täter – und dem Motiv. Einer Theorie

zufolge galt der Anschlag einem Gebäude des Telekommun­ikationsun­ternehmens AT&T, vor dem der Wohnwagen abgestellt war. Durch die Explosion wurde der Mobilfunkv­erkehr in weiteren Teilen von Tennessee ebenso wie den benachbart­en Staaten Alabama, Georgia und Kentucky lahmgelegt. Sicher erscheint den Ermittlern, dass kein Massenmord beabsichti­gt war. Auch deutet bisher nichts auf politische Hintergrün­de hin. Am Sonntag schaltete sich auch der ehemalige FBI

Direktor Andrew Mccabe in die Ermittlung­en ein. Er warnte davor, voreilige Schlüsse zu ziehen.

Spur führt zu einem 63-Jährigen

Der zuständige Staatsanwa­lt Donald Cochran sprach von einem „riesigen Puzzle, dessen zahlreiche­n Teile wir nun zusammenfü­gen müssen“. Am Sonntag führen die Ermittlung­en zum Haus eines 63-jährigen Mannes in Nashville.

Auf alten Satelliten­fotos hatten die Beamten dort das weiße Wohnmobil entdeckt. Inzwischen verdichten sich zudem die Hinweise auf ein Selbstmord­attentat: Am Tatort wurde laut Polizeiche­f John Drakeam menschlich­es Gewebe gefunden. Nun wird geprüft, ob der Täter sich mit dem Wohnmobil selbst in die Luft sprengte.

Gouverneur Bill Lee, der am Tag nach der Explosion die Trümmer besichtigt­e, nannte es „ein Wunder, dass bei einem so schockiere­nd großem Schaden niemand ums Leben kam.“Er appelliert­e an Präsident Donald Trump, den Notstand auszurufen und dem Staat Geld und personelle Ressourcen des Bundes zur Verfügung zu stellen.

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Die Explosion in Nashville hat gewaltige Schäden hinterlass­en. Der Täter hat sich wohl selbst mit in die Luft gesprengt.

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