Rätselhafte Explosion
Eine Roboterstimme warnt die Anwohner, dann legt ein Sprengsatz das Zentrum Nashvilles in Trümmer. Die Polizei steht vor einem kriminalistischen Puzzle.
Weihnachten um 5:30 morgens. Weil Anwohner laute Schüsse hören, treffen Streifenwagen der Polizei in Nashville am Rande der Altstadt ein. Unweit des Touristenviertels sowie des Capitols finden sie ein abgestelltes Wohnmobil. Wie Videos von Überwachungskameras später ergeben, wurde der Wagen dort kurz vor halb zwei Uhr morgens geparkt.
Bald danach spielen sich Szenen wie in einem Science-fiction-thriller ab. Um punkt 6.15 Uhr ist erstmals eine Computerstimme zu hören, die aus dem Wohnwagen kommt. Aus dem geparkten Camper dröhnt: „Dieser Wagen wird in 15 Minuten explodieren.“Im Minutentakt wird die Warnung wiederholt: In 14, 13, 12, dann 11 Minuten... werde es einen riesigen Knall geben, heißt es. Ein halbes Dutzend mutige Polizeibeamte eilen in angrenzenden Straßenblocks von Tür zu Tür und versuchen, die Nachbarschaft schnellstmöglich zu räumen.
Um halb sieben sendet die Stimme aus dem Wohnmobil eine neue Botschaft: „Wenn Ihr diese Nachricht hören könnt, dann evakuiert sofort! Evakuiert sofort!“
Wenige Sekunden danach ein lauter Knall, unter einem gleißendes Licht geht der Wagen in Flammen auf. Drei Menschen werden bei der Explosion verletzt, die Detonation verwüstet weite Teile der Altstadt. Historische Altbauten liegen in Trümmern, mehr als drei Dutzend Geschäfte sowie Firmen werden zerstört. Wegen der Einsturzgefahr wird die Gegend weiträumig abgeriegelt.
Nach der rätselhaften Attacke beginnt die Suche nach dem Täter – und dem Motiv. Einer Theorie
zufolge galt der Anschlag einem Gebäude des Telekommunikationsunternehmens AT&T, vor dem der Wohnwagen abgestellt war. Durch die Explosion wurde der Mobilfunkverkehr in weiteren Teilen von Tennessee ebenso wie den benachbarten Staaten Alabama, Georgia und Kentucky lahmgelegt. Sicher erscheint den Ermittlern, dass kein Massenmord beabsichtigt war. Auch deutet bisher nichts auf politische Hintergründe hin. Am Sonntag schaltete sich auch der ehemalige FBI
Direktor Andrew Mccabe in die Ermittlungen ein. Er warnte davor, voreilige Schlüsse zu ziehen.
Spur führt zu einem 63-Jährigen
Der zuständige Staatsanwalt Donald Cochran sprach von einem „riesigen Puzzle, dessen zahlreichen Teile wir nun zusammenfügen müssen“. Am Sonntag führen die Ermittlungen zum Haus eines 63-jährigen Mannes in Nashville.
Auf alten Satellitenfotos hatten die Beamten dort das weiße Wohnmobil entdeckt. Inzwischen verdichten sich zudem die Hinweise auf ein Selbstmordattentat: Am Tatort wurde laut Polizeichef John Drakeam menschliches Gewebe gefunden. Nun wird geprüft, ob der Täter sich mit dem Wohnmobil selbst in die Luft sprengte.
Gouverneur Bill Lee, der am Tag nach der Explosion die Trümmer besichtigte, nannte es „ein Wunder, dass bei einem so schockierend großem Schaden niemand ums Leben kam.“Er appellierte an Präsident Donald Trump, den Notstand auszurufen und dem Staat Geld und personelle Ressourcen des Bundes zur Verfügung zu stellen.